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Vorwürfe als Tatsachen dargestellt

NBA-Profi soll sich vor Psychologin wiederholt entblößt haben

„NBA-Profi (19) zog sich mehrfach vor Psychologin aus!“ – so überschreibt eine Boulevardzeitung online einen Artikel, in dem sich die Redaktion mit den Vorwürfen der ehemaligen Team-Psychologin des Profi-Basketball-Teams San Antonio Spurs befasst. Ihr zufolge habe sich ein ehemaliger Spieler des Teams neunmal im Verlauf von Gesprächen mit ihr entblößt. Die Zeitung teilt mit, dass die Angelegenheit nunmehr juristische Konsequenzen habe. Der Beschwerdeführer kritisiert die Überschrift des Beitrags. Sie sei vorverurteilend und stelle Vorwürfe als Tatsachen dar. Die Rechtsabteilung des Verlages verweist auf die ständige Spruchpraxis des Presserats hin, der zufolge Überschriften bei Sachverhaltskürzungen und -pointierungen bzw. -zuspitzungen unbeanstandet bleiben, wenn aus dem Kontext des Artikels hervorgehe, dass der jeweils Betroffene noch nicht verurteilt sei, also weiterhin die Unschuldsvermutung gelte. Das sei hier der Fall.

Der Beschwerdeausschuss erkennt in der Veröffentlichung eine Verletzung der in Ziffer 13 des Pressekodex festgehaltenen Pflicht zur Unschuldsvermutung. Er spricht eine öffentliche Rüge aus. Aus dem Artikel geht klar hervor, dass zum Zeitpunkt der Berichterstattung lediglich der Verdacht bestand, dass der Basketballer die Team-Psychologin sexuell belästigt haben solle. Dieser Verdacht wird in der Überschrift jedoch zur Tatsache erhoben und zusätzlich noch durch ein Ausrufezeichen verstärkt. Bei der Leserschaft entsteht so der Eindruck, als seien die Vorwürfe bereits erwiesen. In diesem Zusammenhang betont der Beschwerdeausschuss, dass auch Überschriften für sich allein gesehen korrekt sein müssen und keine falschen Tatsachenbehauptungen enthalten dürfen.