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Witwe wirft Zeitung Sensationsgier vor

Germanwings-Pilot: Familien-Interna in die Öffentlichkeit getragen

Patrick S. war der Kapitän auf dem Flug Germanwings 4U9525. Als er das Cockpit kurz verließ, sperrte ihn der Co-Pilot Andreas L. aus und ließ das Flugzeug mit 150 Menschen an Bord in den französischen Alpen abstürzen. Alle kamen ums Leben. Eine Regionalzeitung berichtet kurz nach dem Absturz über den Kapitän und den Umgang der Familie und ihres Umfeldes mit der Katastrophe. Beschwerdeführerin ist die anwaltlich vertretene Witwe des Kapitäns. Sie kritisiert, dass die Zeitung viele Einzelheiten aus dem Leben der Familie bis hin zur Kita der Kinder veröffentlicht und damit Persönlichkeitsrechte verletzt habe. Keine der privaten Informationen über die Piloten-Familie sei durch ein öffentliches Informationsinteresse gerechtfertigt. Es gebe kein berechtigtes Interesse, in identifizierender Weise über den Flugkapitän und seine Familie zu berichten. Das gelte für sie und ihre zum Veröffentlichungszeitpunkt drei und sechs Jahre alten Kinder in besonderer Weise. Außer bloßer Sensationsgier sei keine Rechtfertigung erkennbar, die inkriminierten Informationen in die Öffentlichkeit zu tragen. Die Zeitung – so die Witwe abschließend – sei mit ihrer Berichterstattung tiefer und rücksichtsloser in ihr privates Umfeld eingedrungen als jede andere Veröffentlichung. Die Zeitung ist sich nach Darstellung ihrer Rechtsabteilung keines Fehlverhaltens bewusst. Trotz juristischer Bedenken habe sie jedoch die von der Beschwerdeführerin geforderte Unterlassungserklärung abgegeben. Soweit die angegriffenen Textpassagen im Internet veröffentlicht worden seien, habe die Zeitung diese gelöscht. Im Übrigen habe die Redaktion weder den Namen der Familie noch Fotos von ihr veröffentlicht. Motiv für die Berichterstattung sei keineswegs „Sensationsgier“ gewesen, sondern das Bestreben, die schrecklichen Auswirkungen eines furchtbaren Verbrechens auf einen ganzen Stadtteil, auf Kinder eines Kindergartens, Erzieher, Pfarrer oder Nachbarn deutlich zu machen.