Entscheidungen finden

„Redaktion druckt Diffamierungen ab“

Einsender vergleicht örtliche Akteure mit Nationalsozialisten

„Bei der Erziehung muss es anfangen“ – unter dieser Überschrift veröffentlicht eine Lokalzeitung einen Leserbrief. Es geht darin um einen Artikel, in dem sich die Redaktion mit der Umbenennung der Gustav-Frenssen-Straße in einem Ort des Verbreitungsgebietes und mit der Person Frenssens auseinandersetzt. Im Leserbrief heißt es: „Hat eine der selbstbewusstesten Nationen dieser Erde, in der nicht nur die orthodoxen Fanatiker sich für das auserwählte Volk halten, es nötig, sich solcher Helfer und Kriecher zu bedienen?“ Und weiter: „Heißen die Bilderstürmer und Bücherverbrenner der Neuzeit heute … (es folgen vier Namen aus dem Ort)?“. Der Leserbriefschreiber ist der Ansicht, dass der Einsatz gegen Extremismus und Gewalt bei der Erziehung in den Kinderzimmern anfangen müsse „und nicht mit der endgültigen Leugnung und Löschung von Personennamen und Wirken aus dem vergangenen Jahrhundert; weiterhin damit, dass man unsere ausländischen Einwanderer, die gerne bei uns bleiben möchten, davon überzeugt, dass sie ausschließlich hier ihre Heimat sehen und unsere Sitten und Gebräuche respektieren und dass alle anderen wissen, dass sie als Gäste bei uns gut behandelt werden, wenn sie sich als solche benehmen“. Ein Leser der Zeitung wirft der Redaktion vor, gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen zu haben. Die im Leserbrief enthaltenen Diskriminierungen habe die Redaktion abgedruckt. Die Einsendung enthalte – in das Stilmittel rhetorischer Fragen gekleidet – diffamierende Äußerungen über namentlich genannte und identifizierbare Personen. Der Brief gebe das antisemitische Stereotyp der jüdisch-israelischen Weltverschwörung wieder, von der die in der Stadt aktiven Kritiker von Gustav Frenssen ferngesteuert würden. Auch nach nochmaliger Prüfung des Sachverhaltes erkennt der Chefredakteur der Zeitung keinen Verstoß gegen den Pressekodex.