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Blick durchs Fenster des Ex-Abgeordneten

Fotoveröffentlichung ist nicht vom öffentlichen Interesse gedeckt

„Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Edathy“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung ihren Bericht über ein Ermittlungsverfahren gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy. Gegen ihn gebe es einen Anfangsverdacht auf Besitz kinderpornographischen Materials. Die Zeitung veröffentlicht ein Foto, das von einem Mitarbeiter der Redaktion durch ein geöffnetes Fenster der Edathy-Wohnung aufgenommen wurde. Es zeigt einen Wohnraum mit Küchenzeile, ein Bücherregal und zwei Gemälde, auf denen männliche Akte zu sehen sind. Im Hintergrund ist ein Ermittlungsbeamter mit dem Rücken zum Fotografen zu sehen. Übereinstimmende Aussage von drei Lesern der Zeitung, die sich mit einer Beschwerde an den Presserat wenden: Die Veröffentlichung des Fotos von der Privatwohnung des Politikers sei vorverurteilend und voyeuristisch. Es sei auch unzulässig zu behaupten, die Durchsuchung sei wegen des mutmaßlichen Besitzes von kinderpornographischem Material erfolgt. Weder Staatsanwaltschaft noch Polizei hätten sich bislang in diesem Sinne geäußert. Das unautorisierte Fotografieren einer Privatwohnung lasse sich nicht damit rechtfertigen, dass der Betroffene als Politiker eine Person der Zeitgeschichte sei. Das Eindringen in die Privatsphäre durch das Foto verletze die Menschenwürde Edathys und sei unlauter. Das Interesse der Öffentlichkeit habe gegenüber den Interessen des Betroffenen zurückzustehen. Der Rechtsanwalt der Zeitung stellt fest, dass der ehemalige Bundestagsabgeordnete erkennbar keinen Wert darauf gelegt habe, seine Wohnung als „privat“ erscheinen zu lassen. Klingelschild und Briefkasten trügen die Kennzeichnung „Sebastian Edathy, MdB“. Jeder zufällige Passant könne in die Fenster der ebenerdig gelegenen Wohnung schauen. Da der einstige Politiker auf dem Foto nicht zu sehen sei, scheide eine Persönlichkeitsverletzung aus. Das Privatleben und die informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen sei nicht verletzt, wenn im Rahmen einer nicht nur zulässigen, sondern gebotenen Verdachtsberichterstattung ein Foto veröffentlicht werde, das lediglich den Blick in die Wohnung des Betroffenen freigebe, ein Blick, den jeder habe, der auf dem öffentlich zugänglichen Weg vor dem Haus unterwegs sei. Bei der Aufnahme des Bildes seien keine unlauteren Methoden angewendet worden.