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Rauchbomben im Gästeblock des Stadions

Chef eines Fan-Clubs muss mit hoher Gefängnisstrafe rechnen

Die Online-Ausgabe einer Großstadtzeitung berichtet über einen mutmaßlichen Täter, der Rauchbomben im Gästeblock eines Bundesligastadions deponiert haben soll. Er wird mit Vornamen und Initial des Nachnamens benannt. Auch wird erwähnt, dass er Vorsitzender eines bestimmten Fan-Clubs sei. Auch sein Wohnort – zugleich Sitz des Fan-Clubs – wird genannt. Details aus seiner Schullaufbahn sowie seiner Vereinstätigkeit werden beschrieben. Ein Nutzer der Online-Ausgabe sieht einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex und hier die Absätze 1 bis 4, weil der mutmaßliche Täter erkennbar sei. „Binnen Sekunden“ könne man im Internet erfahren, um wen es sich hier handele. Es gehe im vorliegenden Fall nicht um ein Kapitalverbrechen. Deshalb greife Absatz 4 nicht, der im Ausnahmefall und in schweren Fällen Ausnahmen bei der identifizierenden Berichterstattung zulasse. Der Beschwerdeführer erkennt deshalb in diesem Fall einen „anstandslosen Sensationsjournalismus“. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung widerspricht dem Beschwerdeführer. Es gehe hier nicht um ein Bagatelldelikt, sondern um eine ernstzunehmende Straftat. Der Beschuldigte sei sogar in Untersuchungshaft genommen worden. Ihm drohten bis zu fünf Jahre Haft. Es sei der Zeitung nicht anzulasten, dass der Beschuldigte durch das Internet möglicherweise identifiziert werden könne. Dieser sei selbst im Internet aufgetreten. Dabei habe er in Text und Bild Werbung für seinen Fan-Club gemacht. Die Straftat, die dem Mann vorgeworfen werde, stehe im Zusammenhang mit seinem Fußball-Engagement. So seien die Angaben zu seinem Fan-Club relevant, zumal er gemeinsam mit Gleichgesinnten für diesen in der Öffentlichkeit martialisch auftrete. (2011)