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OB-Abwahl scheitert an einem Formfehler

Städtischer Bediensteter wird in der Zeitung als Urheber genannt

Der Oberbürgermeister einer Stadt soll abgewählt werden. Bei der Einladung zu der entscheidenden Sitzung passiert ein Formfehler. Der Termin wird abgesagt; ein neuer muss gefunden werden. Die örtliche Zeitung berichtet über den Vorgang. Sie nennt den Namen des städtischen Bediensteten, der die Einladung schreiben und versenden sollte und dem der Formfehler unterlaufen war. Im Artikel steht die folgende Passage: „Entweder handelt es sich dabei um einen fahrlässigen Riesen-Lapsus von Beteiligten oder um diesen in Kombination mit einem intrigenhaften Vorgehen im Rathaus.“ Fehlerhaft bei der ursprünglichen Einladung sei die Nennung eines falschen Wochentages gewesen. Die Bürgermeisterin habe sie wohl ungelesen unterschrieben und sei danach in den Urlaub gefahren. Die Zeitung schreibt von „beißendem Spott“, der von der örtlichen CDU über der Stadtverwaltung ausgegossen worden sei. Der städtische Bedienstete, dem der Fehler unterlaufen war, sieht sich in seinen Persönlichkeitsrechten und in seiner Ehre verletzt, weil die Berichterstattung sich auf ihn bezogen habe. Die Stadtverwaltung trete nach außen immer als Einheit auf. Ansprechpartner der Medien seien neben dem Oberbürgermeister die Fachbereichsleiter und die Pressestelle. Er selbst habe keine Führungs- und Leitungsfunktionen inne, so dass er nicht „als öffentliche Person“ angesehen werden könne. Eine personenbezogene Berichterstattung sei nicht gerechtfertigt. Die Zeitung suggeriere, er habe den Formfehler möglicherweise absichtlich begangen. Das komme nahe an den Tatbestand der Verleumdung heran. Außerdem sei die Angelegenheit aufgebauscht und reißerisch dargestellt worden, ohne dass ein materieller oder gar personeller Schaden entstanden sei. Lediglich die Verwechslung eines Wochentages habe zur Verlegung der Ratssitzung geführt. Nach Darstellung des Chefredakteurs der Zeitung hat die Redaktion den Formfehler bemerkenswert gefunden, weil er sich in der nächsten Umgebung des Oberbürgermeisters abgespielt habe, dessen Abwahl der Grund für die Sitzung des Rates gewesen sei. Der Sachbearbeiter habe sich die anschließende Korrektur seines Fehlers zu leicht gemacht. Die wenig bedeutsame Rolle, die der Bedienstete für sich reklamiere, sei wohl so nicht gegeben. Nach Meinung des Chefredakteurs sei seine Position innerhalb der Stadtverwaltung durchaus herausgehoben. Dies lasse sich auch dadurch belegen, dass der städtische Bedienstete bei seinem Amtsantritt in der Zeitung vorgestellt worden sei. Er habe die Stadt im Übrigen bei regionalen Großveranstaltungen repräsentiert und sei damit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt geworden. (2011)