Ein Bauer verliert nach und nach 135 Kühe
Die Redaktion hätte auch den Futtermittel-Hersteller befragen müssen
Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Vergiftete Kühe: Was ein Bauer mit Genmais erlebte“ über die Erfahrungen eines namentlich genannten Landwirts, der vor etwa fünfzehn Jahren damit begonnen hatte, Genmais anzubauen und an seine Kühe zu verfüttern. Verwendet wurden auch die Produkte eines Futtermittel-Herstellers. Der Mais, so die Zeitung, habe so genannte „B-Toxine“ enthalten. Die Folge: 135 Kühe seien wegen des Futters verendet. Ein Leser der Zeitung wirft der Redaktion vor, gar nicht oder nur unzureichend recherchiert zu haben. In dem Artikel komme nur die Sicht des Bauern vor. Der Beschwerdeführer legt eine E-Mail der Pressestelle des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) vor, der zuständigen Behörde für gentechnikrechtliche Zulassungen. Danach seien zahlreiche Analysen durchgeführt worden. Nur die von der Zeitung erwähnte Lehr- und Forschungsanstalt habe „einen Bt-Proteingehalt von 8.3 Mikrogramm knapp über der Nachweisgrenze gefunden“. Insgesamt ließen sich aus den Ergebnissen der Futtermittelanalysen keine Anhaltspunkte für einen kausalen Zusammenhang der Vorfälle in dem Betrieb mit den verendeten Kühen ableiten. Vielmehr müsse als Ursache das „Zusammentreffen mehrerer ungünstiger Faktoren“ angenommen werden. Nach Darstellung des Chefredakteurs der Zeitung habe der kritisierten Veröffentlichung eine ausführliche Internet-Recherche zum Thema Gen-Mais zugrunde gelegen. Dabei sei die Autorin auf den spektakulären Fall des Bauern gestoßen, der im Laufe der Zeit 135 Kühe verloren habe. Sie habe mit dem Landwirt gesprochen und dabei den Eindruck gehabt, mit einem glaubwürdigen Gesprächspartner zu reden. Dieser Eindruck sei durch mehrere ergänzende Recherchegespräche mit anderen Genmais-Skeptikern, etwa vom Bund Naturschutz, untermauert worden. Der Chefredakteur räumt ein, dass die unerlässliche Gegenprüfung bei dem Futtermittel-Hersteller bedauerlicherweise unterblieben sei. Diese Panne habe die Chefredaktion veranlasst, in einer Dienstanweisung alle Redaktionsmitglieder an das Thema Gegenrecherche zu erinnern. Auf den Fehler habe der Pressesprecher des Herstellers unmittelbar nach Erscheinen des Artikels hingewiesen. Noch vor dem Eintreffen der Beschwerde beim Presserat habe die Zeitung mit dem Pressesprecher ein Interview geführt, in dem dieser seine Position darstellen konnte. Der Chefredakteur bedauert, dass seine Redaktion den Ansprüchen des Pressekodex in diesem Fall nicht gerecht geworden ist.