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Mann als „widerlichen Kinderschänder“ bezeichnet

Überschrift bewegt sich im Rahmen der Meinungsfreiheit

Gedruckt und online berichtet eine Boulevardzeitung unter der Überschrift „Das Geständnis eines widerlichen Kinderschänders“ über einen 38-Jährigen. Der Mann hat gestanden, ein zehnjähriges Mädchen missbraucht zu haben. Er soll zudem in Thailand Kinderpornos mit Erdrosselungsszenen bestellt haben. Die Zeitung veröffentlicht ein Foto des Mannes, auf dem dieser gut erkennbar ist. Ein Leser sieht eine Verletzung des Pressekodex. Vor allem die Überschrift lasse die erforderliche Achtung der Menschenwürde vermissen. Das Bild verletze zudem die Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten. Die Rechtsabteilung der Zeitung ist der Auffassung, dass das kritisierte Foto den Mann nicht in einer entwürdigenden oder ehrverletzenden Situation zeige. Der Mann werde in einem Polizeiwagen weggefahren und sei nur von der Seite zu erkennen. Auch die Ziffer 8 des Pressekodex sei nicht verletzt. Angesichts der Schwere der Tat, dem Missbrauch eines zehnjährigen Mädchens, müssten die Persönlichkeitsrechte des mutmaßlichen Täters hinter dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurückstehen. Dies gelte umso mehr angesichts der schrecklichen Einzelheiten der Tat. Es handele sich eindeutig um ein Sexualdelikt und somit um ein Kapitalverbrechen nach Richtlinie 8.1 (Nennung von Namen/Abbildungen). Die Ziffer 13 (Unschuldsvermutung) sei – so die Rechtsabteilung der Zeitung – ebenfalls nicht tangiert. Der Mann habe seine Tat bei Prozessauftakt gestanden. Ergebnis der Gerichtsverhandlung sei die Verurteilung zu einer Haftstrafe gewesen. (2011)