Mit schlimmen Bildern unvorbereitet konfrontiert
Beschwerdeführer: Fotos sind an Grausamkeit kaum zu überbieten
„Verzweifelter Tibeter zündete sich an – tot!“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Dem Bericht beigefügt ist das Bild eines brennenden jungen Mannes. Einige Klicks weiter ist eine Bildstrecke aus acht Agenturfotos zu sehen. Diese zeigen den Verzweifelten, der sich während einer Demonstration mit Benzin übergossen und anschließend sich selbst angezündet hatte. Auf den Fotos ist der junge Mann zu sehen, der schreiend läuft, stürzt und dann brennend auf dem Boden liegt. Einige Menschen werden bei dem vergeblichen Versuch gezeigt, die Flammen zu löschen. Die Berichterstattung veranlasst zwei Leser der Zeitung zu Beschwerden beim Presserat. Der eine ist der Auffassung, es sei für das Verständnis des berichteten Vorgangs nicht nötig gewesen, diese Bilder zu veröffentlichen. Seine Beschwerde richte sich nicht gegen den Artikel, sondern allein gegen die an Grausamkeit schwer zu überbietenden Fotos. Der zweite Beschwerdeführer kritisiert, dass ein Foto des brennenden Mannes auf der Startseite gezeigt worden sei. Somit habe es jeder Nutzer unvorbereitet sehen müssen – auch Jugendliche. Er sieht das Gebot der Ziffer 11 des Pressekodex verletzt, den Jugendschutz zu beachten. Die Rechtsabteilung des Verlages hält die Darstellung nicht für unangemessen sensationell nach Ziffer 11. Sie diene allein dem Zweck, realitätsnah die Dramatik und Tragik der Selbstverbrennung für den Leser deutlich zu machen. Erst die veröffentlichten Bilder demonstrierten realitätsgetreu und ohne Effekthascherei die Grausamkeit des Geschehens. Die Fotos dienten ausschließlich dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Es handele sich um Dokumente der Zeitgeschichte, auf die die Öffentlichkeit einen Anspruch habe.