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Zschäpe an Big Brother und Pornos interessiert

Magazin berichtet über Surfgewohnheiten der mutmaßlichen Terroristin

Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins berichtet unter der Überschrift „Beate Zschäpe suchte im Netz nach Disneyland und Pornos“ über das Surf-Verhalten der mutmaßlichen Neonazi-Terroristin im Internet. Aus den Internet-Protokollen ihres beschlagnahmten Rechners habe sich ergeben, dass Zschäpe nach Reisen, Musik, Gesundheit und Sex gesucht habe. Politik oder Nazipropaganda hingegen hätten sie offenbar nicht interessiert. Mehr Interesse habe sie an Disneyland Paris, Zeltplätzen an der Ostseeküste und argentinischem Essen gehabt. Sie habe sich auch über Hartz IV, Bushido und die TV-Show Big Brother informiert. „Gina Lisa“ und „Sex Cora“ hätten ebenfalls ihr Interesse gefunden. Ein Leser der Zeitschrift sieht keinerlei journalistische Begründung für die Berichterstattung über die Surfgewohnheiten der mutmaßlichen Terroristin. Er sieht deren grundgesetzlich geschützten Lebensbereiche sowie ihre Privat- und Intimsphäre verletzt. Der Chefredakteur der Online-Ausgabe des Nachrichtenmagazins hält die Berichterstattung für zulässig, weil das Thema öffentliche Interessen berühre. Beate Zschäpe habe durch die beispiellose Mordserie, an der sie mutmaßlich beteiligt gewesen sei, die Öffentlichkeit geradezu gezwungen, sich mit ihrer Gedankenwelt auseinanderzusetzen. Die Verbrechen, die ihr vorgeworfen würden, seien zwar auch dann nicht zu begreifen. Es gebe jedoch bei vielen Menschen das Bedürfnis, die vorgeworfenen Taten dadurch für sich einzuordnen, dass sie sich über die handelnden Personen und deren geistige und ideologische Hintergründe informieren. Auch die „Banalität des Bösen“ sei berichtenswert und von öffentlichem Interesse. Die Öffentlichkeit dürfe und müsse erfahren, ob sich die mutmaßlichen Täter einer rassistisch motivierten und nazi-ideologisch unterfütterten Mordserie mit extremer Propaganda oder mit banalen Unterhaltungsseiten beschäftigt hätten. Was im Artikel zu lesen sei, fährt der Chefredakteur fort, werde den einen wegen seiner Trivialität vielleicht beruhigen, den anderen aus dem gleichen Grund aber erschrecken. Das Thema gehöre so oder so zum Zeitgeschehen und dürfe deshalb in der Presse erörtert werden.