Begriff „Islam-Rabatt“ führt in die Irre
Mehrere Störungen führten zur verminderten Schuldfähigkeit
„Wieder Islam-Rabatt für einen Mörder“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung einen Gerichtsbericht. Ein Mann hat seinen Nachbarn erschossen. Wörtliches Zitat: „Aber nur 12 Jahre Haft, weil er wegen Ramadan so hungrig und körperlich angeschlagen war“. Die Redaktion stellt weiterhin fest, dass auf Mord lebenslange Haft stehe, doch sei der Richter bei dem Angeklagten von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen. Der Angeklagte – so die Zeitung weiter – sei auch psychisch und physisch instabil gewesen. Er habe unter Depressionen, Angstzuständen und Schlaflosigkeit gelitten. Der Täter sei wegen Totschlags verurteilt worden; die Staatsanwaltschaft habe 13 Jahre Haft gefordert. Vier Leser wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Nach ihrer Ansicht ist die Überschrift „Wieder Islam-Rabatt für einen Mörder“ für diskriminierend. Die Zeitung verbreite damit eine islamfeindliche Stimmung. Sie vermittle den Eindruck, dass eine bestimmte Religionszugehörigkeit dazu führe, dass bei einem Kapitalverbrechen das Strafmaß gemindert werde. Einige Beschwerdeführer bemängeln auch, dass die Zeitung gegen das Sorgfaltsgebot nach Ziffer 2 des Pressekodex verstoßen habe. Die Überschrift sei falsch. Erst im Text werde deutlich, dass die verminderte Schuldfähigkeit des Täters vom Gericht vor allem auf Depressionen, Schlafstörungen und andere psychische Probleme zurückgeführt worden sei. Falsch sei es auch, wie die Zeitung sich mit dem Strafmaß auseinandersetze. Sie spreche von einer niedrigen Strafe für Mord. Es habe sich nach den Feststellungen des Gerichts jedoch nicht um Mord, sondern um Totschlag gehandelt. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist den Vorwurf eines Verstoßes gegen den Pressekodex zurück. Es gehe bei der Formulierung „Islam-Rabatt“ nicht um Stimmungsmache, sondern um eine Auseinandersetzung in der Sache. Die kulturell-religiöse Herkunft des Täters habe bei der Strafzumessung durchaus eine Rolle gespielt. Der Richter habe die körperliche Belastung des Täters durch die Fastenzeit im Prozess berücksichtigt. Insofern sei ein islamischer Brauch als teilweise strafmildernd erkannt worden. Die Rechtsabteilung zieht aus alledem den Schluss, dass der Begriff „Islam-Rabatt“ eine möglicherweise boulevardesk überspitzte, zusammenfassende Meinungsäußerung sei, die lediglich das Geschehen um diesen Prozess bewerte.