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Zeugen-Name durfte genannt werden

Abweichung von der in Richtlinie 8.1 definierten Regelung zulässig

„(…):Ich bin geläutert und unschuldig“ schreibt die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung. Es geht um den Prozess gegen den früheren Präsidenten einer Hochschule für Wirtschaft und Recht. Er soll Geld veruntreut haben. In dem Bericht wird ein Zeuge, der noch nicht vor Gericht ausgesagt hat, namentlich erwähnt. Der ist in diesem Fall der Beschwerdeführer. Neben dem Namen nennt die Zeitung seinen aktuellen Arbeitgeber und Arbeitsort. Der Autor schreibt, dieser Zeuge habe die Aussage zurückgezogen, auf die die Staatsanwaltschaft die Anklage gegen den Ex-Präsidenten und den Beschwerdeführer (wegen Beihilfe zur Untreue) gestützt habe. Die Ermittlungen gegen den Beschwerdeführer seien inzwischen eingestellt worden, teilt die Zeitung weiter mit. Der anwaltlich vertretende Beschwerdeführer wendete sich gegen die Nennung seines Namens, des aktuellen Arbeitgebers und seines Arbeitsortes. Er verlangt nachträgliche Anonymisierung und bittet um Vermittlung durch den Presserat, was zunächst von der Zeitung abgelehnt wurde. Diese kündigt an, die identifizierenden Angaben über Arbeitgeber und Arbeitsort aus dem Artikel zu löschen. Der Anwalt des Beschwerdeführers antwortet, wenn die Zeitung schon einsehe, dass diese Angaben gelöscht werden müssten, so müssten doch die Angaben zur Person erst recht entfernt werden. Die Zeitung lehnt im Vermittlungsversuch eine Anonymisierung des Namens und zunächst auch des Arbeitgebers und des Arbeitsortes ab. Der Justiziar der Zeitung bittet um Zurückweisung der Beschwerde, da eine Verletzung publizistischer Grundsätze nicht vorliege. Nach Richtlinie 8.1, Absatz 4, des Pressekodex sei die Namensnennung von Zeugen zwar in der Regel unzulässig. Im vorliegenden Fall sei die Nennung jedoch erforderlich, so dass die Zeitung in Ausnahme zur Regel der Richtlinie 8.1 von einer zulässigen Namensnennung ausgehe.