Distanz von falschen Freunden gefordert
Beanstandete Überschrift ist eine presseethisch zulässige Zuspitzung
„AfD-Chef will NPD-Wähler gewinnen“ titelt eine Wirtschaftszeitung in ihrer Online-Ausgabe. Im Bericht geht es um die politische Positionierung der neuen Partei „Alternative für Deutschland“. Deren Parteichef Bernd Lucke habe in einem Interview mit der Printausgabe der Zeitung angekündigt, auch auf Stimmen vom rechten Rand zu setzen: „Grundsätzlich ist es gut, wenn jemand uns wählt und nicht die NPD.“ Er – Lucke – sehe im Einbinden rechter Protestwähler eine Funktion der AfD, denn diese seien nicht von vornherein extremistisch. Er wird in dem Artikel dazu wie folgt zitiert: „Ohne uns gäbe es die Gefahr, dass enttäuschte Wähler, die eigentlich gar nicht rechts sind, aus Protest extremistische Parteien wählen.“ Ehemalige Mitglieder von NPD oder DVU lehne man, so wird Lucke weiter zitiert, generell als Mitglieder ab. Bei ehemaligen Mitgliedern der Partei „Die Republikaner“ werde jeder Einzelfall geprüft. In diesem Fall gibt es mehrere Beschwerdeführer. Sie sind der Ansicht, die Berichterstattung verstoße gegen die Ziffern 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) und 9 (Schutz der Ehre). Es sei ehrverletzend, dass die Redaktion die Äußerung „Grundsätzlich ist es gut, wenn jemand uns wählt und nicht die NPD“ in der Schlagzeile „AfD-Chef will NPD-Wähler gewinnen“ zusammenfasse. Die Redaktion lasse die entscheidend wichtigen Fragen der Interviewer sinnentstellend aus, ergänze die Aussagen des Parteichefs wahrheitswidrig durch nicht Gesagtes und nicht einmal zu Vermutendes und verkürze das Interview in der nachrichtlichen Zusammenfassung sinnentstellend und verfälschend. Die AfD setze nicht auf Stimmen vom rechten Rand, sondern gebe enttäuschten Wählern, die eigentlich gar nicht rechts seien, eine Option zur Wahl der demokratischen Partei AfD, bevor sie womöglich aus Protest NPD wählten. Der Chefredakteur der Online-Ausgabe gibt an, die Redaktion habe sich an das gehalten, was der AfD-Parteichef Bernd Lucke im Interview gesagt habe. Die Überschrift sei eine zulässige Zusammenfassung von Luckes Aussagen Im Zusammenhang mit dem Interview habe die Zeitung einen ausdrücklich als Kommentar bezeichneten Artikel veröffentlicht, in dem der Autor zu dem Schluss gekommen sei, „Lucke setzt darauf, dass er am rechtsextremen Rand nach Wählern fischen kann“. Der Chefredakteur ist der Auffassung, die AfD und ihr Chef sollten sich deutlicher von ihren falschen Freunden distanzieren. Einige AfD-Anhänger, die sich an die Redaktion gewandt hätten, hielten von Meinungsfreiheit offenbar nichts.