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Grauzone zwischen Zeitung und Politik

Mandatsträger berichtet über Veranstaltung seiner eigenen Partei

Ein SPD-Stadtverordneter arbeitet als freier Journalist und veröffentlicht regelmäßig Beiträge in der örtlichen Zeitung, die zugleich amtliches Mitteilungsblatt ist. Ein Leser der Zeitung beschwert sich darüber, dass der Stadtverordnete auch über politische Themen schreibe. Die Freien Wähler am Ort sehen in dieser Konstellation einen Interessenkonflikt. In einem Artikel unter der Überschrift „Abenteuerlich und beleidigend“ beschäftigt sich die Zeitung mit den Vorwürfen. Der freie Mitarbeiter sei keineswegs kommunalpolitischer Redakteur. Er arbeite nebenberuflich für die Zeitung und widme sich fast ausschließlich unpolitischen, kulturellen Themen. Seine wenigen Beiträge zu politischen Veranstaltungen seien nachweislich neutral gehalten. Ein Leser der Zeitung sieht eine Vermischung von Funktionen, da der Stadtverordnete nicht nur über kulturelle, sondern auch über politische Themen schreibe. Als Beispiel führt der Beschwerdeführer eine Veranstaltung an, über die der Mann berichtet habe, obwohl er an ihr als Mandatsträger teilgenommen habe. Andere Pressevertreter seien zu der Veranstaltung nicht eingeladen worden. Er spricht von einer problematischen Vermischung. Die Geschäftsführung der Zeitung teilt mit, der freie Mitarbeiter werde im nichtpolitischen Bereich eingesetzt. Berichterstattungen über eine SPD-Feier zum 1. Mai, die Einweihung des Fraktionszimmers der Freien Wählergruppe oder die Gründung einer Bürgerinitiative zum Erhalt eines Schwimmbades habe man bisher für unkritisch gehalten. Aus politischen Gremien berichte der Mitarbeiter nicht. Im Hinblick auf Ziffer 4 des Pressekodex (Grenzen der Recherche) sei es dem Stadtverordneten gerade zum „Verhängnis“ geworden, dass er sich in einer Versammlung in seiner wohlbekannten Doppelfunktion geoutet habe.