Pfarrer unter dem Verdacht der Untreue
Geistlicher darf in der Zeitung identifizierbar dargestellt werden
Eine Boulevardzeitung berichtet über den Vorwurf gegen einen Pfarrer, eine Million Euro veruntreut zu haben. Der Mann wird namentlich genannt und mit einem Porträt-Foto präsentiert. Zwei Leser der Zeitung meinen, das Bild des Pfarrers sei urheberrechtswidrig verwendet worden. Seine Veröffentlichung ohne Verfremdung verstoße überdies gegen das Persönlichkeitsrecht des Pfarrers. Außerdem gebe sich der Autor zu Unrecht als Fotograf aus. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sei lediglich ein Ermittlungsverfahren eingeleitet gewesen. Die Veröffentlichung stehe mit den Persönlichkeitsrechten des Betroffenen im Einklang, stellt die Rechtsvertretung der Zeitung fest. An dem Vorgang bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse. Der Pfarrer bekleide ein öffentliches Priesteramt, weshalb die Ausnahmevorschrift der Richtlinie 8.1, Absatz 4, anzuwenden sei. Zu den veröffentlichten Bildern erläutert der Verlag, dass das Foto der Kirche vom Redakteur aufgenommen worden sei. Lediglich das Bild des Pfarrers stamme nicht von der Redaktion. Die Beschriftung sei daher nicht korrekt. Dafür entschuldige sich die Zeitung. Der Verlag habe eine Unterlassungserklärung abgegeben. Die dem Betroffenen zur Last gelegte Straftat der Untreue bzw. Veruntreuung und Unterschlagung stehe auch in dem erforderlichen Zusammenhang mit dem besonderen Amt, das der Pfarrer bekleide. Sollte sich nämlich der Tatverdacht bestätigen, wäre es dem geistlichen Oberhaupt einer kleinen Gemeinde allein aufgrund seiner Stellung als Pfarrer möglich gewesen, das auf seinem Konto sichergestellte Geld in Höhe von rund einer Million Euro zu erlangen. Die Berichterstattung stehe daher im Einklang mit der Richtlinie 8.1, Absatz 5, des Pressekodex und rechtfertige den Vorrang des öffentlichen Informationsinteresses. (2010)