Einer Lehrerin despotisches Verhalten bescheinigt
Redaktion hat im Mobbingfall beide Seiten zu Wort kommen lassen
Eine Regionalzeitung berichtet in der gedruckten Ausgabe und online unter der Überschrift „Mobbing an der (…)-Schule" über Vorwürfe, denen sich eine Mathematiklehrerin ausgesetzt sieht. Hinter den Vorwürfen stehe eine Elterninitiative. Ein Beauftragter des zuständigen Kultusministeriums sei mit dem Fall befasst. Die Redaktion berichtet, dass sie viele Stellungnahmen von Schülern und Eltern erreicht hätten. Der Lehrerin werde ein despotisches Verhalten bescheinigt. Es gebe auch Stellungnahmen, die die Lehrerin in Schutz nähmen. Die Zeitung kommentiert. Sie fordert, das Schulamt müsse den Fall ernst nehmen. Sie warnt aber auch vor Vorverurteilung. Die betroffene Lehrerin sieht Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht) verletzt. Die Überschrift des Artikels enthält nach ihrer Auffassung einen nicht bestätigten Vorwurf. Ein Fragezeichen wäre erforderlich gewesen. Sie wirft der Redaktion unzureichende Recherche vor. Ihre eigenen Nachforschungen hätten ergeben, dass sich der im Artikel erwähnte „große Block“ auf die Dienstaufsichtsbeschwerden aller Schulen bezogen habe. Ihre Schule sei lediglich von drei Beschwerden betroffen. Zum Kommentar meint die Lehrerin, hier wäre eine kritische Recherche bei der Schülermitverantwortung, beim Elternbeirat etc. erforderlich gewesen. Dies seien die ersten Ansprechpartner. Stattdessen werde im Kommentar das Eingreifen des Schulamts gefordert. Insgesamt hält die Frau die Berichterstattung für rufschädigend. Die Rechtsabteilung der Zeitung berichtet, zu Beginn des ganzen Vorgangs habe die Elterninitiative zu einem Pressegespräch eingeladen. Ergebnis: Der bearbeitende Redakteur habe das Gespräch mit der Schule gesucht. Ihm sei bedeutet worden, dass weder der Schulleiter noch die betreffende Lehrerin sich zu den Vorwürfen äußern wollten. Den Vorwurf mangelnder Recherche weist die Zeitung zurück. Die Zeitung habe mit dem Beauftragten des Ministeriums gesprochen und nach der Zahl der Beschwerden gefragt. Der habe darauf keine Antwort geben wollen, doch pauschal mitgeteilt, er habe einen großen Block zu bearbeiten. So habe es der Redakteur geschrieben. Dabei sei nicht zum Ausdruck gekommen, dass sich diese Aussage auf alle Schulen beziehe. Die Redaktion habe beide Seiten zu Wort kommen lassen, sodass der Vorwurf von Einseitigkeit und mangelnder Recherche nicht zutreffen könne. (2010)