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Überschriften erwecken falschen Eindruck

Titel-Aussagen sind nicht durch den Inhalt der Beiträge gedeckt

Überschrift „Michael Schumacher: Endlich! Jetzt redet Sohn Mick Klartext: ´Die Gesundheit…´“. Im Beitrag geht es um die Neuansetzung eines wegen der Corona-Krise abgesagten Charity-Fußballspiels, an dem auch Michael Schumachers Sohn Mick teilnehmen werde. Kurz darauf veröffentlicht die Zeitung einen Artikel unter der Überschrift „Michael Wendler: Laura Müller macht Schluss – sie kündigt an…“ Hier geht es um den Plan der Freundin des Sängers Michael Wendler, sich ihre langen Haare kürzen zu lassen. Zu dieser Zeit erscheint ein Beitrag mit der Überschrift „Corona: Staat gibt zu - ´Es wurden geheime Lager angelegt, um…´“. Der Artikel beschäftigt sich mit dem Kaufverhalten der Deutschen im Zuge der Corona-Krise und möglichen Engpässen bei der Warenversorgung. Die Redaktion teilt mit, dass der Staat für Notfälle Lebensmittellager angelegt habe, um die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln zu gewährleisten. Ein Leser der Zeitung wendet sich mit Beschwerden zu diesen drei Beiträgen an den Presserat. Er kritisiert, dass die Überschrift des ersten Artikels suggeriere, dass es in dem Beitrag Neuigkeiten über den Gesundheitszustand von Michael Schumacher durch seinen Sohn gebe. Das genannte Zitat beziehe sich jedoch auf die Gesundheit der Teilnehmer an dem Charity-Spiel. Die Überschrift des zweiten Artikels erwecke beim Leser den falschen Eindruck, als wolle sich die Freundin von Michael Wendler von diesem trennen. Die dritte Veröffentlichung beziehe sich auf eine Interview-Aussage von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, die auf die existierenden Notfallreserven hingewiesen habe. Sie habe dabei weder etwas „zugegeben“, noch sei die Existenz der Lager „geheim“. Lediglich ihre Standorte seien nicht bekannt. Die Überschrift sei daher nicht korrekt, sondern irreführend und unangemessen. Der Beschwerdeführer spricht davon, dass hier „Clickbaiting“ vorliege (etwa „Jagd auf Clicks um jeden Preis“). Das werde von der Zeitung mit System betrieben. Die Redaktion verfälsche mit Überschriften Informationen und untergrabe damit Ansehen und Glaubwürdigkeit der Medien. Die Rechtsabteilung des Verlages führt aus, der Beschwerdeführer versuche offensichtlich, den Presserat für seinen eigenen Feldzug gegen ihm unerwünschte Medien zu instrumentalisieren. So greife er mit seinen Beschwerden nicht etwa einzelne Veröffentlichungen an, sondern richte sich vielmehr gegen die Online-Ausgabe als solche. Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung über die vom Staat vorgehaltenen Lebensmittellager räumt die Rechtsvertretung ein, dass der Artikel in Kombination mit der gewählten Überschrift nicht den üblichen redaktionellen Standards entspreche. Er sei zwischenzeitlich online nicht mehr abrufbar.

Die Überschriften der Artikel sind geeignet, bei den Lesern einen falschen Eindruck vom Inhalt der Beiträge hervorzurufen. Keine der drei Überschriften ist durch den Inhalt des jeweiligen Beitrages gedeckt. Der Beschwerdeausschuss spricht eine öffentliche Rüge aus. In den Überschriften wird mit den Erwartungshaltungen der Leserinnen und Leser gespielt und diese bewusst in die Irre geführt. Die Überschriften verstoßen damit in grober Weise gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Sie stellen eine eklatante Form von „Clickbaiting“ dar, die geeignet ist, das Ansehen der Presse zu beschädigen.