Ein Mann erschießt seine Ehefrau
Boulevardzeitung berichtet unangemessen sensationell
„Hier bedroht der Mörder seine Frau mit dem Gewehr“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung über eine Beziehungstat, bei der ein Mann offenbar seine Ehefrau erschossen hat. Die Redaktion druckt ein Foto der Frau und nennt im Bildtext ihren vollen Namen. Auch wird die Adresse der Eltern der Getöteten – der Tatort - genannt. Ein unscharfes Foto, aufgenommen von einem Amateur, ist dem Bericht beigestellt. Es zeigt angeblich das Ehepaar im Garten des Elternhauses der Frau. Dort soll der Tatverdächtige ein Gewehr auf seine Frau gerichtet haben. Ein Leser der Zeitung sieht eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes des Opfers, das durch Foto und Namensnennung identifizierbar werde. Zu dieser Identifizierbarkeit trage auch die Angabe der vollen Adresse der Eltern des Opfers bei. Insgesamt – so der Beschwerdeführer – sei die Berichterstattung unangemessen sensationell durch den Abdruck der Amateuraufnahme, die kurz vor der Tötung der Frau entstanden sein soll. Nach Auffassung der Rechtsabteilung der Zeitung sei der außergewöhnliche Vorfall von so hohem öffentlichem Interesse, dass das Berichterstattungsinteresse etwaige Belange der Betroffenen überwiege. Die Redaktion habe sich bewusst für die Veröffentlichung der Fotos entschieden, um die Grausamkeit der Tat zu verdeutlichen und anzuprangern. Es müsse im Rahmen des Informationsauftrages erlaubt sein, dem Leser dramatische Ereignisse wie im vorliegenden Fall nahe zu bringen. Den Ausschlag für die Veröffentlichung habe letztlich gegeben, dass weder Täter noch Opfer wegen der unscharfen Aufnahmen zu erkennen seien. Die Zeitung hält die Berichterstattung insgesamt für zurückhaltend. Bei der Beurteilung dieses Falles sei zu berücksichtigen, dass sich der Täter auf der Flucht befand und die Berichterstattung auch dazu dienen sollte, die Bevölkerung zur Mithilfe an der Aufklärung der Tat zu bewegen. Eine unangemessen sensationelle Darstellung liege ebenfalls nicht vor, da die Fotos auf der Wiese das Geschehen vor der Tat, nicht jedoch die Tat selbst dokumentierten. Was das Porträtfoto des Opfers betreffe, sei die Redaktion zunächst von einem Einverständnis des Opfers mit einer Veröffentlichung ausgegangen, da dieses das Bild in sein Facebook-Profil eingestellt habe. Die Zeitung bekam jedoch ein Schreiben des Anwalts der Eltern des Opfers. Daraufhin habe die Zeitung eine strafbewährte Unterlassungserklärung abgegeben und das Bild umgehend aus allen Veröffentlichungen entfernt. Auch das Foto von der Wiese sei gelöscht worden. Die Rechtsabteilung schließt ihre Stellungnahme mit dem Hinweis, dass die Berichterstattung nicht die vollständige Adresse des Elternhauses des Opfers enthalte. Lediglich der Ortsteil sei genannt worden.