Dem Amokläufer eine Bühne geboten
Zeitung zeigt den Mörder von Oslo in einer heldenhaften Pose
Eine Boulevardzeitung präsentiert auf der Titelseite den norwegischen Amokläufer Breivik in einer Phantasieuniform mit angelegtem Gewehr. Der Beitrag hat die Überschrift „Der Massenmörder“ und ist mit weiteren Fotos illustriert. Sie zeigen ein zerstörtes Bürohaus in Oslo, die weinende Prinzessin Mette-Marit sowie Helfer und Überlebende auf der Insel Utøya. Eine Leserin der Zeitung sieht in der Veröffentlichung eine unangemessen sensationelle Darstellung nach Ziffer 11 des Pressekodex. Sie kritisiert vor allem die Bildauswahl. Das Foto des Amokläufers Breivik mache aus dem Mörder einen „Helden“. Die Zeitung setze genau das um, was der Täter sich erträume und jahrelang vorbereitet habe: Einmal in der Öffentlichkeit zu stehen. Er suche ein Forum für seine Person und seine abstrusen Ideen. Genau dies biete ihm die Zeitung. Die Beschwerdeführerin arbeitet nach eigenen Angaben mit Kindern und Jugendlichen. Deshalb wisse sie, wie ein solches Bild auf männliche Jugendliche wirke. Diese fänden einen solchen Mann einfach „cool“. Mit einem solchen „Heldenfoto“ mache sich die Zeitung mitverantwortlich für zukünftige ähnliche Taten. Der stellvertretende Chefredakteur antwortet mit dem Hinweis, dass die Redaktion der Beschwerdeführerin die Beweggründe zur Gestaltung der Titelseite in einem längeren Brief erläutert habe. Er widerspricht dem Vorwurf, die Zeitung habe die Ereignisse von Norwegen unangemessen sensationell dargestellt. Zur Wirkung dieser Titelseite auf Kinder und Jugendliche könne er keine Aussagen machen, fährt der stellvertretende Chefredakteur fort. Es gebe zwar Studien zu Suizid und Amokläufen, die eine Nachahmung solcher Taten für möglich hielten. Diese beschäftigten sich aber nicht explizit mit Heranwachsenden oder mit einem Tathergang, der mit den Geschehnissen in Norwegen vergleichbar wäre. Die Studien wiesen aber darauf hin, dass solche Taten eher nachgeahmt würden, je sympathischer und verstehbarer sie dargestellt würden. Dies sei in dieser Zeitung aber nicht geschehen. (2011)