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Anonymisierung wäre erforderlich gewesen

Ein Mann hatte drei Menschen auf offener Straße getötet

Eine Boulevardzeitung veröffentlicht online einen Artikel unter der Überschrift „´Ich hoffe, Sie hören für den Rest Ihres Lebens die Schreie´“. Der Beitrag informiert über den Prozess gegen einen 29-jährigen Mann, der wegen der fahrlässigen Tötung von drei Menschen zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt wurde. Die Redaktion veröffentlicht ein Foto des Mannes und nennt seinen Vornamen und den abgekürzten Nachnamen. Mehrere Leser der Zeitung sehen den Persönlichkeitsschutz des Verurteilten verletzt, da er identifizierbar dargestellt werde. Es bestehe kein öffentliches Interesse an dieser Art der Berichterstattung. Dieser Ansicht widerspricht die Rechtsvertretung der Zeitung. Der Beitrag informiere über den letzten Verhandlungstag und die Urteilsverkündung. Es liege eine besonders schwere Straftat vor, die zudem in der Öffentlichkeit begangen worden sei. Der Angeklagte habe auf einer öffentlichen Straße drei Menschen getötet und sei deshalb verurteilt worden. Schon deshalb sei eine nicht-anonymisierte Berichterstattung zulässig. Das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung überwiege die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen. Im konkreten Fall gehe es nur um eine Fotoveröffentlichung, die im Zeitalter des Internets weit weniger belastend sei als eine volle Namensnennung. Deshalb sei der Nachname des Angeklagten von der Redaktion abgekürzt worden, damit der Mann später, dann möglicherweise zu einem resozialisierungsrelevanten Zeitpunkt nicht mehr direkt auffindbar sei.