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„Messi kriegt heute auf die Fressi!"

Im Fußball hat sich im Laufe der Zeit eine raue Sprache entwickelt

Eine Boulevardzeitung stimmt ihre Leser auf das WM-Viertelfinalspiel Deutschland-Argentinien ein, indem sie auf der Titelseite die Schlagzeile bringt: „Adios, Diego! Dein Messi kriegt heute auf die Fressi!“ Mehrere Leser beschweren sich. Einige sehen in der Schlagzeile einen Gewaltaufruf gegen einen ausländischen Fußballspieler. Die anderen Beschwerdeführer sind der Ansicht, dass die Aufmachung dem Ansehen Deutschlands und dem der Presse schade. Sie sei eine persönliche Beleidigung eines Argentiniers und lasse jeglichen Respekt vor einem der weltbesten Fußballer vermissen. Was wohl als Scherz gemeint gewesen sei, könne sowohl als sprachlich als auch inhaltlich nur als voll daneben bezeichnet werden. Die Leser sehen die Ziffern 1, 9, 10, 11 und 12 des Pressekodex verletzt. Die Rechtsabteilung des Verlages antwortet auf die Beschwerden mit dem Hinweis, die beanstandete Schlagzeile habe einen satirischen Charakter. Auf dem Fußballplatz habe sich im Lauf der Zeit eine eigene, raue Sprache entwickelt, die durch die Schlagzeile wiedergegeben werde. Fußballer würden auf dem Platz auch sagen: „Die hauen wir weg!“ oder „Die schießen wir ab!“ Dies mit einem Aufruf zur Gewalt gleichzusetzen, sei abwegig. Der argentinische Fußballstar Lionel Messi werde durch die Überschrift nicht in seiner Würde verletzt noch auf sonstige Weise herabgewürdigt. Es handele sich um ein Wortspiel, das für den Durchschnittsleser als solches erkennbar sei. Sinn der Titelzeile sei es, in einem Gleichklang von Seitenhieb und Augenzwinkern die besondere sportliche Rivalität zwischen Deutschland und Argentinien zum Ausdruck zu bringen. (2010)