Unstimmigkeiten um eine Adoption
Verdeckte Recherchen sind in Einzelfällen zulässig
Unter der Überschrift „Der verlorene Sohn" berichtet eine überregionale Tageszeitung über Adoptionen aus Äthiopien. Aufhänger der Geschichte ist die Adoption eines Jungen durch eine deutsche Familie. Der Bericht enthält diverse Angaben zur leiblichen und zur Adoptivfamilie. Der leibliche Vater wird mit verändertem Namen genannt. Von ihm heißt es, er wisse nicht, was Adoption eigentlich bedeute. Außerdem habe er wahrheitswidrig angegeben, dass seine Frau an Gelbfieber verstorben sei. Unter diesen Umständen habe die Adoption nicht stattfinden dürfen. Die Zeitung druckt ein Foto, das den Vater zeigt. Er hält ein verfremdetes Foto in der Hand, das den Jungen mit seiner neuen Familie zeigt. Im Bericht ist von Ungereimtheiten die Rede. Zwei Leser sehen im Bericht eine Persönlichkeitsverletzung. Durch persönliche Angaben seien die Beteiligten identifizierbar. Auch sei Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht) verletzt worden. Es werde behauptet, der leibliche Vater des Jungen wisse nicht, was eine Adoption sei. Dies stimme nicht. Auch andere im Bericht getroffene Feststellungen seien nicht richtig. Im Übrigen seien mehrere Details des Artikels auf unlautere Recherchemethoden zurückzuführen. Die Rechtsabteilung der Zeitung widerspricht den Vorwürfen. Ein Verstoß gegen Ziffer 8 (Persönlichkeitsrechte) komme nicht in Betracht, weil die Namen anonymisiert worden seien. Sollte sich der Vorwurf auf das Foto beziehen, so sei er ebenfalls nicht gerechtfertigt, da die Personen darauf nicht zu identifizieren seien. Für die von den Beschwerdeführern behaupteten Verstöße gegen die Sorgfaltspflicht könne ebenfalls keine Rede sein. Die Autorin des Beitrages habe lediglich geschrieben, dass der leibliche Vater des Jungen das Wort „Adoption“ noch nie gehört habe. Der Vorwurf, die Zeitung habe behauptet, der Vater wisse nicht, was eine Adoption ist, stimme nicht. (2010)