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Der Fall mit dem meisten Sex-Appeal

Opfer ist für nicht unbedeutenden Personenkreis identifizierbar

Eine Regionalzeitung berichtet über den Fortgang bei der Aufklärung eines Tötungsdelikts. Das Opfer wird als „20-jährige Yvonne S. aus (…)“ bezeichnet. Zum Beitrag gestellt ist ein gepixeltes Foto der jungen Frau. Die Zeitung mutmaßt zu Beginn des Artikels, der Tod der Yvonne S. dürfte der Fall mit dem meisten Sex-Appeal sein. Die Ermittler müssten die Frage klären, ob die Frau bei exzessiven Sexspielen ermordet oder Opfer eines Unfalls geworden sei. Die Mutter des Mädchens wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie kritisiert, durch den Bericht werde ihre Tochter identifizierbar dargestellt. Die Zeitung verletze deren Persönlichkeitsrechte. Eine Einwilligung zum Abdruck des Fotos sei nicht erteilt worden. Die Beschwerdeführerin nimmt vor allem an dieser Passage Anstoß: „Denn sie müssen die Frage klären, ob die junge Frau bei exzessiven Sexspielen ermordet oder dabei Opfer eines Unfalls wurde. Das behauptet jedenfalls ihr Ex-Freund Steffen S. …“ Für die Behauptung, es hätten Sex-Spiele stattgefunden, gebe es keine Beweise. Die Mutter hält den Artikel insgesamt für eine Verunglimpfung des Ansehens Verstorbener. Der Chefredakteur weist in seiner Antwort auf die besonderen Umstände des Todesfalles hin, der in der Region und darüber hinaus für Aufsehen gesorgt habe. Der Autor schildere den Stand der Ermittlungen und benenne eindeutig die Quelle für seine Informationen – nämlich den Ex-Freund. Es finde keine Vorverurteilung statt, da deutlich werde, dass die Aufgabe der Ermittler darin bestehe, die Behauptungen des Ex-Freundes aufzuklären. Das Foto des Opfers stamme aus dem Internet und sei auch schon von anderen Zeitungen abgedruckt worden. Es sei ausreichend gepixelt. Auch der Name sei so weit abgekürzt, dass eine Identifizierung ausgeschlossen werden könne.