Sterbende und leidende Menschen gezeigt
Dargestellte Personen nicht öffentlich herabgewürdigt
Unter der Überschrift „Das Todes-Protokoll“ veröffentlicht eine Boulevardzeitung ein Foto, das mehrere Menschen während der Massenpanik bei der Duisburger Loveparade zeigt. Auch die Online-Ausgabe druckt das Bild ab. Einige Personen sind so dargestellt, dass sie zumindest für einen gewissen Nutzerkreis identifizierbar sind. Insgesamt liegen dem Presserat 29 Beschwerden zu diesem Foto vor. Die Beschwerdeführer monieren eine unangemessen sensationelle Darstellung und verweisen auf die Ziffer 11, Richtlinien 11.1 und 11.3 des Pressekodex. Sterbende und leidende Menschen würden gezeigt, ihre Würde herabgesetzt. Dies verletze auch Ziffer 1. Die Bilder dürften auch nicht auf der Titelseite gezeigt werden, da sie dadurch auch kleinen Kindern zugänglich gemacht würden. Die Beschwerdeführer weisen auch auf die Hinterbliebenen hin, die unter Umständen ihre Angehörigen im Leid sähen. Die Rechtsabteilung des Verlags antwortet. Die Tragödie von Duisburg sei einer der schwersten Unglücksfälle dieses Jahrzehnts in Deutschland gewesen. Die Presse habe bei Geschehnissen von besonderem öffentlichem Interesse und herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung eine umfassende Informations- und Chronistenpflicht. Die auf dem kritisierten Bild zu sehenden Menschen seien keine sterbenden oder erstickenden Personen. Die Redaktion habe bewusst auf den Abdruck derartiger Fotos verzichtet. Auf den Abbildungen würden Menschen nicht systematisch öffentlich herabgewürdigt. Auch ein Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte liege nicht vor. Das Titelfoto sei aufgrund der herausragenden Bedeutung presseethisch nicht zu beanstanden. Dies ergebe die Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen. Diese Abwägung gehe eindeutig zugunsten des öffentlichen Interesses aus. Schließlich habe die Redaktion darauf geachtet, dass das Titelfoto keine negative Wirkung auf Kinder und Jugendliche habe. Die Darstellung gehe nicht über das erträgliche Maß dessen hinaus, was Kinder in der Öffentlichkeit oder durch das Fernsehen bereits täglich sähen. (2010)