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Chefarzt: „Dann können Sie packen und gehen!“

Journalistin verstößt gravierend gegen redaktionellen Datenschutz

In diesem Fall geht es um das Rechercheverhalten einer Journalistin, die für eine Wochenzeitung arbeitet. Die Beschwerdeführerin ist ebenfalls im Medienbereich tätig. Sie teilt im Schreiben an den Presserat mit, dass sie von ihrer Tochter, die Kontakt zu einer Patientin einer psychiatrischen Spezialstation habe, erfahren habe, dass dort eine Reporterin einer Wochenzeitung zwei Tage lang recherchiere. Dieselbe Patientin habe berichtet, mehrere Patienten hätten den Chefarzt gefragt, was die Konsequenz sei, wenn jemand nicht damit einverstanden sei, dass die Reporterin sich in der Klinik aufhalten und frei bewegen könne. Antwort des Chefarztes: Wer dies nicht billige, könne seine Sachen packen und gehen. Daraufhin habe sie, die Beschwerdeführerin, die Chefredaktion der Wochenzeitung über den Vorfall informiert. Sie sei in dem Glauben gewesen, dass es nicht im Sinne der Redaktion sein könne, dass eine Reportage unter solchen Umständen zustande komme. Sie sei daraufhin von einem Ressortleiter der Redaktion angerufen worden. Der habe ihr versprochen, er werde mit der Autorin sprechen und dafür sorgen, dass sie den Informationen nachgehen bzw. die Einverständniserklärungen der Patienten kritisch hinterfragen werde. Die Beschwerdeführerin berichtet weiter, dass die Patientin, die sie informiert hatte, vom Chefarzt scharf angegriffen worden sei, weil sie Informationen weitergegeben habe. Dem Arzt sei auch ihr Name bekannt gewesen. Die Journalistin habe ihn in einem Telefonat mit dem Chefarzt erwähnt. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, die Journalistin habe mit ihrem Rechercheverhalten in eklatanter Weise den Datenschutz verletzt. Diese habe sich telefonisch bei ihr entschuldigt und ihr Fehlverhalten mit dem Hinweis zu erklären versucht, die Situation sei „so unübersichtlich“ gewesen. Für die Zeitung nimmt deren Rechtsvertretung Stellung. Sie berichtet, die Beschwerdeführerin habe sich mit einem Leserbrief an die Redaktion gewandt, der mit vollem Namen veröffentlicht worden sei. Somit habe für die Journalistin kein Anlass bestanden, im Gespräch mit dem Chefarzt den Namen nicht zu erwähnen. Es habe auch keine Vereinbarung gegeben, den Sachverhalt vertraulich zu behandeln. Auch ein Verstoß gegen Ziffer 8 (Persönlichkeitsrecht) sei nicht festzustellen, da die Nennung des Namens nicht im Zusammenhang mit einer Berichterstattung erfolgt sei.