Mit Archivbild über aktuellen Streik berichtet
Unbeteiligter als Teilnehmer im Arbeitskampf erkennbar dargestellt
Eine Regionalzeitung illustriert ihren Bericht auf der Wirtschaftsseite über Streiks im Einzelhandel mit einem vierspaltigen Foto. Es zeigt mehrere Mitarbeiter eines Baumarktes in Streik-Montur (Plastik-Westen mit „ver.di“- und „Streik“-Aufdruck). Ein Mann in der Mitte des Bildes blickt direkt in Richtung Kamera. Im Bildtext heißt es: „Beschäftigte eines (…) Baumarktes traten schon am Montag in einen Warnstreik.“ Etwa zwei Wochen nach Erscheinen des Bildes druckt die Zeitung eine Gegendarstellung des Mannes ab, der von ihr zuvor identifizierbar dargestellt worden war. Im „Redaktionsschwanz“ entschuldigt sich die Redaktion dafür, dass das Foto nicht als Archivbild gekennzeichnet worden sei. Der anwaltlich vertretene Betroffene ist Beschwerdeführer in diesem Fall. Die Veröffentlichung des Fotos – so der Anwalt - verletze mehrere presseethische Grundsätze. Das Bild sei mehrere Jahre alt. Der Betroffene habe niemals sein Einverständnis gegeben, das Bild in Zukunft weiter zu verwenden. Seit Jahren habe er bewusst nicht an Aktionen von Betriebsrat und Gewerkschaft teilgenommen, weil er sich mit deren Zielen nicht identifiziere. Das Foto sei weder als Archiv- noch als Symbolfoto gekennzeichnet gewesen. Nach dem Kenntnisstand des Beschwerdeführers hat an dem von der Zeitung angegebenen Zeitpunkt in besagtem Baumarkt gar kein Streik stattgefunden. Als Folge der Berichterstattung sei er am Arbeitsplatz und im Bekanntenkreis angefeindet worden. Der Chefredakteur der Zeitung teilt bedauernd mit, dass die Redaktion zur Illustration des Berichtes über einen aktuellen Streik ein Archivbild verwendet habe. Er verweist auf die veröffentlichte Gegendarstellung, an deren Schluss („Redaktionsschwanz“) die Redaktion ihren Fehler zugegeben und sich entschuldigt habe. Der Chefredakteur teilt überdies mit, dass die beiden verantwortlichen Redakteure wegen des massiven Sorgfaltspflichtverstoßes abgemahnt worden seien. Insbesondere seien sie darauf hingewiesen worden, dass Archiv- und Symbolfotos als solche zu kennzeichnen seien. Beiden sei vorgehalten worden, dass sie hätten reagieren müssen, als der Beschwerdeführer sie nach der Veröffentlichung aufgefordert habe, den Sachverhalt umgehend korrekt darzustellen.