Menschen, die um ihr Leben kämpfen
Zeitung: Einen dramatischen Moment dokumentiert
„Der Augenblick, als die Katastrophe begann" – so überschreibt die Onlineausgabe einer Boulevardzeitung eine Fotostrecke über die Katastrophe von Duisburg im Verlauf der Loveparade. Auf den Fotos sind – teilweise durch einen Kreis hervorgehoben – Menschen zu sehen, die sich während der Massenpanik auf dem Veranstaltungsgelände befanden. Weitere Fotos zeigen, wie Menschen über Zäune klettern. Der Presserat setzt sich mit drei Beschwerden auseinander. Nutzer der Ausgabe beklagen, dass es unerträglich sei, um ihr Leben kämpfende Menschen darzustellen. Diese hätten genug Schreckliches erlitten und müssten nicht durch die Darstellung ihres Leides erneut daran erinnert werden. Die Beschwerdeführer stellen vor allem Verstöße gegen die Ziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 1 (Menschenwürde) des Pressekodex fest. Sie beanstanden die Erkennbarkeit der Menschen und vermuten die Verletzung der Menschenwürde der Abgebildeten, insbesondere jener im Todeskampf. Die Fotostrecke wird als sensationslüstern und ohne jeglichen Respekt vor den Opfern der Tragödie angesehen. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist – wie in anderen ähnlich gelagerten Fällen – auf die umfassende Chronistenpflicht der Presse hin. Sie verweist im Fall Duisburg auf ein Ereignis von besonderer zeitgeschichtlicher Bedeutung. Auch hier stellt der Verlag fest, dass die abgebildeten Personen nicht systematisch öffentlich herabgewürdigt würden. Die Aufnahmen dokumentierten einen dramatischen Moment, der authentische Informationen über ein Ereignis enthalte. Auch ein Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten liege nicht vor. In diesem Fall habe das öffentliche Informationsinteresse diese Rechte überwogen. (2010)