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Diese Überschrift geht zu weit

Quellen-Wissen der Redaktion wird zu einer Tatsache erhoben

Unter der Überschrift „Türkei stoppt Raketen-Deal mit Russland“ berichtet eine Boulevardzeitung über eine Lieferung von S-400-Raketen an die Türkei. Nach Informationen der Redaktion wolle Präsident Erdogan vom Kauf russischer Abwehrraketen S-400 absehen. Eine für Juli geplante Lieferung sei gestoppt. Die Redaktion zitiert einen nicht genannten hochrangigen türkischen Diplomaten. Ein Leser der Zeitung kritisiert einen Verstoß gegen den Pressekodex. Die Überschrift klinge, als hätte die Redaktion eine von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg dem Autor eingeflüsterte Desinformation ungeprüft übernommen. Entgegen dem Bericht sei die erste Lieferung des russischen Raketenabwehrsystems in der Türkei eingetroffen. Das habe das Verteidigungsministerium mitgeteilt. Der Chefredakteur der Zeitung stellt fest, der Beschwerdeführer konstruiere im Nachhinein eine durch nichts belegte Version der Geschehnisse und angebliche Aussagen von Politikern, die mit den tatsächlichen Ereignissen und der von der Redaktion zwei Monate vorher korrekt recherchierten Quellenlage nichts zu tun hätten. Der wahre Sachverhalt sei relativ simpel. Anlass für die Berichterstattung sei eine Information aus diplomatischen Kreisen vor dem Hintergrund drohender US-Sanktionen bei Durchführung der Raketenlieferung an die Türkei gewesen. Es handele sich nicht um ein Geflüster von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, sondern um eine vollkommen unabhängige und seriöse Quelle aus türkischen Diplomatenkreisen.