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Abdruck von Name und Adresse unzulässig

Chefredakteur spricht von mangelnder Professionalität in der Redaktion

Ein Nachbarschaftsstreit ist Thema in einer Regionalzeitung. Hintergrund ist ein Neubau, von dem sich die Eigentümer des Nachbargrundstücks bedrängt fühlen. Ein Bauamtsleiter wird mit den Worten zitiert: „Es geht mittlerweile um einige Zentimeter.“ Die Eigentümer seien bis zum Oberverwaltungsgericht gezogen und hätten sich auch an das Innenministerium gewandt. Die Zeitung zitiert aus einem Schreiben an das Ministerium, in dem es heißt: „Nur weil wir selbst über eine langjährige Berufserfahrung in der öffentlichen Verwaltung verfügen, können wir es wagen, diesen langen Rechtsstreit zu führen, der uns neben viel Zeit, viel Geld und Nerven gekostet hat.“ Die Adresse des Grundstücks der klagenden Nachbarn und deren Nachnamen werden im Bericht genannt. Die Kläger in dem Verwaltungsrechtsstreit sind in diesem Fall die Beschwerdeführer. Sie werfen der Zeitung vor, ihren Namen und die Adresse des umstrittenen Grundstücks genannt zu haben. Dies sei unter dem Gesichtspunkt presseethischer Grundsätze unzulässig. Die im Artikel zitierte Äußerung stamme aus einem Schreiben, das nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei. Sie sei aus dem Zusammenhang gerissen worden und erwecke den Eindruck, als ob man sie – die Beschwerdeführer – im Zusammenhang mit der Berichterstattung befragt habe. Das sei nicht der Fall gewesen. Die Behauptung, es gehe in dem Streit „nur um wenige Zentimeter“, sei einseitig und zu kurz gefasst. Der Artikel scheine auf eine öffentliche Meinungsmache gegen die Beschwerdeführer abzuzielen. Informationen würden bewusst unterdrückt. Die Stadt, deren Bauamtsleiter im Bericht zitiert werde, sei nicht neutral, sondern Partei im jahrelangen Rechtsstreit. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet in seiner Stellungnahme, er habe Kontakt mit den Beschwerdeführern aufgenommen und hoffe, dass die Angelegenheit damit in beiderseitigem Einvernehmen zufriedenstellend gelöst sei. Er legt seiner Stellungnahme einen Brief an die Beschwerdeführer bei. Darin gibt er der Beschwerde in wesentlichen Punkten Recht und bittet um Entschuldigung für die unvollständige Recherche und das einseitige Vertrauen auf Auskünfte der Stadtverwaltung. Er spricht von mangelnder Professionalität unter engen zeitlichen und personellen Rahmenbedingungen einerseits und mangelnder Fachaufsicht durch den Vorgesetzten der Autorin andererseits. Letztlich trage er als Chefredakteur die Verantwortung für diese Defizite, die allerdings bei täglich elf Ausgaben mit durchschnittlich 264 Seiten nie ganz auszuschließen seien.