Nachrichtenagentur als privilegierte Quelle
Gespräch zwischen Obama und Rohani als „nicht passend“ bezeichnet
Die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Chamenei kritisiert Rohanis Telefonat mit Obama“. Im Beitrag geht es um Äußerungen von Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenai zur Außenpolitik seines Präsidenten gegenüber den USA. Eine Passage aus dem Beitrag: „Der Ajatollah kritisiert allerdings den Telefonkontakt zwischen Rohani und US-Präsident Barack Obama, das erste Telefonat dieser Art seit mehr als 30 Jahren; als „nicht passend“. Eine Leserin der Zeitung hält die Behauptung der Redaktion im Hinblick auf das Telefonat für nicht zutreffend. Chamenei habe gesagt, dass „manche der in New York geschehenen Dinge nicht angemessen gewesen seien“. Aus dieser Formulierung könne man nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass damit das Telefongespräch der beiden Präsidenten gemeint sei und Chamenei dies als „nicht passend“ bezeichnet habe. Die Beschwerdeführerin sieht die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht) verletzt. Die Rechtsabteilung der Zeitung übermittelt die Stellungnahme der Chefredaktion. Der von der Beschwerdeführerin kritisierte Satz sei unverändert von der Nachrichtenagentur dpa übernommen worden. Es handele sich bei der dpa um eine sogenannte privilegierte Quelle. Wie die Beschwerdeführerin richtig anmerkt, hat Ajatollah Chamenei auf seiner Website nicht explizit das Telefonat kritisiert, sondern, dass „manche der in New York geschehenen Dinge nicht angemessen gewesen seien“. So berichte auch die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf die iranische Nachrichtenagentur Isna: „Nicht alles, was Rohani während seines Aufenthaltes in New York unternommen habe, sei angemessen gewesen, sagte Chamenei (…)“. Das heiße nach Ansicht der Chefredaktion: Es könnte sein, das sich Chamenei bei seiner Kritik auf das Telefonat bezogen habe, denn auch dieses habe noch in New York stattgefunden. Explizit geäußert habe er das allerdings nicht. Deshalb habe sich die Chefredaktion entschlossen, die Passage folgendermaßen abzuändern: „Der Ajatollah kritisierte allerdings auch ´manche der Geschehnisse in New York als nicht passend´. Ob er damit auch den Telefonkontakt zwischen Rohani und US-Präsident Barack Obama meinte, bleibt offen“.