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Vorwurf: Redaktion inszeniert einen Skandal

Zeitung berichtet von „Hammer-Urteil“ zu Rundfunk-Gebühren

Eine Boulevardzeitung veröffentlicht den Beitrag „Hammer-Urteil zur TV-Gebühren-Erhöhung – Von diesem Richter werden wir zur Kasse GEZwungen“. Unter der Überschrift abgedruckt ist ein fast seitenbreites Foto des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Professor Stephan Harbarth. Ein weiteres Foto des Juristen und der damaligen Kanzlerin Merkel findet sich im Beitrag. Darin wird über die Anordnung des Bundesverfassungsgerichts berichtet, der zufolge 40 Millionen deutsche Haushalte ab sofort 18,36 Euro Rundfunkbeitrag zahlen müssten statt bisher 17,50 Euro. Weiter heißt es, der zuvor erhobene Einspruch von Sachsen-Anhalt gegen die Anhebung sei verfassungswidrig. Im Text steht diese Passage: „Außerdem seien ARD und ZDF für eine ausgewogene Berichterstattung unverzichtbar. Es sei Aufgabe der ´Ländergesamtheit´, die ´funktionsgerechte Finanzierung´ von ARD und ZDF zu gewährleisten. Das schreibt der Verfassungsgerichtspräsident Stephan Harbarth in seinem Urteil.“ Zwei Leserinnen bzw. Leser der Zeitung wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Eine Leserin sieht Verstöße gegen mehrere Ziffern des Pressekodex. Sie spricht von einer Anstiftung zum Hass, Gewalt und Tätlichkeit durch die Schlagzeile, verbunden mit dem Bild des Richters. Solche Veröffentlichungen könnten das Leben der Angeprangerten gefährden. Ein weiterer Leser bemängelt vor allem die Zeile „Von diesem Richter werden wir zur Kasse GEZwungen“. Er sieht einen Verstoß gegen die Ziffer 1 des Kodex (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde). Die Menschenwürde von Professor Harbarth werde missachtet. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes würden vom gesamten Senat getroffen. Damit sei jede Aussage, die diese Entscheidung auf die Person des Senatsvorsitzenden reduziere, unwahr. Zu rügen sei auch das Wortspiel „GEZwungen“. Das Kürzel sei als Codewort derer bekannt, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen wollten. Mit wahrhaftigem Journalismus seien solche Manipulationen unvereinbar, zumal die Redaktion nicht einmal den Versuch unternehme, eine Trennung von Nachricht und Kommentar vorzugaukeln. Sie inszeniere einen Skandal, wo keiner sei. Die Zeitung hat zu den Beschwerden nicht Stellung genommen.