Korruptionsvorwurf gegen eine Stiftung
Überschrift wird nicht durch die Aussagen im Text gedeckt
Eine überregionale Tageszeitung berichtet unter der Überschrift „Korruptionsvorwürfe bestätigt“ über die Kritik an einer Stiftung. Diese sei inzwischen vom Bundesentwicklungsministerium bestätigt worden. Von einer Rückforderung der an die Stiftung geleisteten Zahlungen ist die Rede. Ein Ministeriumssprecher wird mit den Worten zitiert: „Es gibt Indizien, dass Dinge schief gelaufen sind“. Die Redaktion berichtet, dass die Stiftung für Nachfragen nicht zu erreichen gewesen sei. Zum Beitrag gehört ein Infokasten. Darin heißt es: „Haben Sie Zugang zu internen Unterlagen, die uns helfen können, den Korruptionsfall (…) aufzuklären? Wir sichern Ihnen absolute Anonymität zu“. Beschwerdeführer ist die Sozial- und Entwicklungshilfe der Stiftung, vertreten durch deren Pressesprecherin. Die Zeitung erhebe den Vorwurf der Korruption, ohne dass es hierfür einen rechtlichen Beleg gebe. Die Sprecherin der Stiftung sieht darin eine vorverurteilende Berichterstattung, die gegen Ziffer 13, Richtlinie 13.1, des Pressekodex verstoße. Die Passage aus dem Infokasten kritisiert die Beschwerdeführerin ebenfalls. Dabei werde zu ungesetzlichem Verhalten aufgerufen. Die Rechtsvertretung der Zeitung weist diesen Vorwurf zurück. Der Beschwerdeausschuss des Presserats sei keine Strafverfolgungsbehörde. Das Justitiariat argumentiert mit dem gesetzlich verankerten Auskunftsanspruch, den es in Bezug auf die Stiftung gebe. Nach dem Informationsfreiheitsgesetz stehe eine Behörde im Sinne dieser Vorschrift einer juristischen Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bediene. So verhalte es sich bei der Stiftung und beim Ministerium. Die Rechtsvertretung der Zeitung spricht im Zusammenhang mit der Überschrift des kritisierten Beitrages von einer gewissen Zuspitzung. Eine Vorverurteilung sei damit jedoch nicht verbunden. Die Überschrift sei nicht isoliert zu betrachten, sondern diene dem Einstieg in den Artikel. Im Beitrag heiße es ebenso zutreffend wie einschränkend, dass „Entwicklungsgelder (…) veruntreut worden sein sollen“. Im Artikel werde festgestellt, dass sich bei weitem nicht alle Vorwürfe als berechtigt erwiesen hätten. Der Presserat müsse auch die Folgeberichterstattung in seine Überlegungen einbeziehen. Darin seien die Leser immer wieder über neue Entwicklungen bei der Untersuchung der Korruptionsvorwürfe unterrichtet worden. (2010)