Vorwurf: Zeitung schlachtet Privatleben aus
Chefredakteur: Dem „bösen Boulevard“ darf man alles unterstellen
Ein junger Mann wird getötet und zerstückelt. Eine Regionalzeitung berichtet über den Fall und stellt in der Überschrift die Frage, ob er einem Manga-Mord zum Opfer gefallen ist. Sein Vorname und der abgekürzte Familienname werden genannt. Außerdem werden Fahndungsbilder und andere Fotos des Mannes veröffentlicht. Der Autor des Beitrages geht ausführlich auf die Lebensgeschichte des Opfers ein. Er schreibt, dass die Polizei im „Schwulen-Milieu“ und in der „homosexuellen Cross-Dresser-Szene“ ermittelt. Eine Leserin der Zeitung sieht die Persönlichkeitsrechte des Getöteten verletzt. Sein Privatleben werde von der Zeitung ausgeschlachtet. Dabei seien ungeheuerliche Vermutungen aufgestellt worden. Die Redaktion habe auch Bilder aus der Privatsphäre des jungen Mannes veröffentlicht. Der Chefredakteur der Zeitung bemerkt, die Beschwerdeführerin vermute Verstöße gegen zahlreiche presseethische Grundsätze, nenne aber keinen einzigen genau. Dies erschwere die seriöse Auseinandersetzung mit ihr. Es sei nicht neu, dass zunehmend jeder dem „bösen Boulevard“ alles Schlechte unterstellen dürfe, ohne auch nur einen einzigen Beleg anzuführen. Die Zeitung habe auch in diesem Fall aufwändig und genau recherchiert. Die Szene, in der der Getötete vermutet worden sei, sei von der Zeitung weder als „Alltagsleben“ noch als „Abnormalität“ geschildert worden. Die Redaktion habe im Gegenteil versucht zu klären, was genau diese Menschen treiben, worauf sich ihr „Hobby“ gründe und was es ihnen bedeute. Mit Albernheiten habe dies genauso wenig zu tun wie mit Absonderlichkeit oder Rufmord.