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Das Magazin und der „Embargo“-Zugang

Journalistin sieht ganze Branche von Informationen ferngehalten

Print- und Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins veröffentlichen geheime Dokumente des US-Außenministeriums, die von der Wikileaks-Plattform erworben und sodann fünf Redaktionen weltweit zur Verfügung gestellt wurden. Diese Redaktionen haben einen so genannten „Embargo-Zugang“. Im Gegensatz dazu waren bei früheren Wikileaks-Enthüllungen nach der Bekanntmachung stets alle Dokumente für jedermann einsehbar. Die Beschwerdeführerin ist selbst Journalistin. Sie ist der Ansicht, dass die Vereinbarung zwischen Wikileaks und dem Nachrichtenmagazin einen Exklusiv-Vertrag mit Informanten darstelle, der seinerseits die Informationsfreiheit behindere. Somit liege ein Verstoß gegen die Richtlinie 1.1 vor. Bislang sei erst ein Teil der Depeschen veröffentlicht. Die fünf Redaktionen würden daher – das gegenwärtige Veröffentlichungstempo vorausgesetzt – über Monate hinweg einen exklusiven Zugang zu dem Hauptteil des Materials haben. Dabei scheinen sie sich, was den zeitlichen Zusammenhang von veröffentlichten Artikeln und ausgesuchten Depeschen anbelangt, nach Ansicht der Beschwerdeführerin abzusprechen. Der im Bereich des deutschsprachigen Raumes exklusiv beim Magazin liegende Zugang zu dem Gesamtpool der Depeschen führe dazu, dass andere Redaktionen und freie Journalisten mangels Zugangs diese Depeschen nicht nach eigenen Kriterien er-schließen und sich daher kein eigenes Bild machen könnten. Zumindest sei von einem mündlich vereinbarten Exklusiv-Vertrag auszugehen. Für das Nachrichtenmagazin antwortet dessen Rechtsabteilung auf die Beschwerde. Es sei nicht nötig, dass die Beschwerdeführerin zum Sachverhalt mutmaße und schlussfolgere, denn zwei Redakteure des Magazins hätten kürzlich den Gang der Gespräche mit Wikileaks und dessen Gründer Julian Assange beschrieben. Das Magazin habe es zu keinem Zeitpunkt zur Bedingung für eine Zusammenarbeit mit Wikileaks gemacht oder auch nur darauf gedrängt, dass andere Medien vom Zugang zu den entsprechenden Unterlagen ferngehalten werden sollten. Es sei allein die Entscheidung von Wikileaks gewesen, welche Medien welche Unterlagen wann exklusiv auswerten und veröffentlichen könnten. (2010)