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Über Gerichtverfahren in eigener Sache berichtet

Einen offensichtlichen Interessenkonflikt nicht transparent gemacht

Eine Regionalzeitung veröffentlicht die Kolumne einer Leseranwältin mit dem Titel „Die Transparenz im Journalismus“. Sie beschreibt einen Fall, in dem ein freier Mitarbeiter der Zeitung über ein Gerichtsverfahren berichtet habe, in dem er der Kläger gewesen sei. Er habe somit als Prozessbeteiligter in eigener Sache geschrieben. Die Autorin weist auf den Pressekodex und dessen Ziffer 6 hin. Danach müssten Journalisten private und berufliche Interessen strikt trennen. Es gehöre zur journalistischen Wahrhaftigkeit, sich in solchen Fällen selbst für befangen zu erklären und das Thema an unbeteiligte Kollegen zu übergeben. Die Redaktion teilt mit, der Beitrag sei mit Hinweis auf den Pressekodex aus dem Internetangebot der Zeitung entfernt worden. Außerdem seien die Zuständigkeiten im betroffenen Redaktionsbereich neu geordnet worden, damit eine unzulässige Verquickung von Interessen künftig unterbleibt. Der Beschwerdeführer teilt mit, der Artikel stamme von ihm. Die Redaktion habe gewusst, dass er Prozessbeteiligter in diesem öffentlichen Verfahren gewesen sei. Er habe auf Bitten eines Redakteurs seinen Namen im Text des Artikels geändert. In einer Mail an verantwortliche Redakteure und die Gesamtredaktion habe er noch einmal darauf hingewiesen, dass es sein Prozess gewesen sei. Kurz darauf sei er als freier Mitarbeiter entlassen worden. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, der Beschwerdeführer habe bereits mehrfach versucht, seine persönlichen Interessen mit Hilfe der Zeitung zu befördern. Sicher hätte die Redaktion sorgfältiger agieren müssen. Hauptverantwortlicher in dieser Sache sei jedoch der Beschwerdeführer selbst.

Der Beschwerdeausschuss sieht in der Berichterstattung schwere Verstöße gegen die in Ziffer 2 des Pressekodex geforderte journalistische Sorgfaltspflicht. Er spricht eine öffentliche Rüge aus. Der Beschwerdeführer hat die Redaktion nachweislich auf seinen möglichen Interessenkonflikt hingewiesen. Die Redaktion hätte im Ergebnis den Beschwerdeführer nicht mit der Berichterstattung über ein eigenes Gerichtsverfahren betrauen dürfen. Erschwerend kommt hinzu, dass der offensichtliche Interessenkonflikt der Leserschaft gegenüber nicht transparent gemacht wurde.