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Jeder kann korrigieren und diffamieren

Wochenzeitung setzt sich mit Wikipedia als Quelle auseinander

Eine Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur veröffentlicht gedruckt und online einen Beitrag unter der Überschrift „Der dicke Hund“. Darin geht es um die mangelnde Wissenschaftlichkeit von Wikipedia als Quelle und die Tatsache, dass jeder mit einem Account dort informieren, korrigieren und diffamieren könne. Als Beispiel für die unterschiedlichsten Angaben und Korrekturen befasst sich die Zeitung mit Einträgen über einen katholischen Priester. Beschrieben wird ein unter Pseudonym agierender „Agathenon“, der hartnäckig, ja verbissen und oft unwissenschaftlich munter diverse konservativ-katholische Gruppen kritisiere. Seine abenteuerlichen Thesen würden immer wieder auftauchen. So etwa im Fall eines katholischen Priesters. Nach Recherchen der Redaktion weise „Agathenon“ eine seltsame Nähe zum Verschwörungstheoretiker Wolfgang Kirchmeier auf. Dieser beschreibe in einem Buch, wie sämtliche Unglücksfälle seines Lebens, vom vertrockneten Rasen über fehlende Autoventilklappen bis zur Lebensmittelvergiftung in Argentinien durch die Aktivitäten der „Sekte Engelwerk“ erklärt werden könnten. Beschwerdeführer ist der im Artikel erwähnte Buchautor Wolfgang Kirchmeier. Er kritisiert, dass über ihn in dem Artikel als „Verschwörungstheoretiker“ gesprochen werde und weist auf mehrere falsche Darstellungen hin. Der Chefredakteur der Wochenzeitung nimmt Stellung. „Der „Dicke Hund“ sei ein Format, in dem in glossierender/kommentierender Form eine aktuelle mediale Fehlleistung betrachtet werde. Es würden Medien im weitesten Sinne analysiert. Dazu gehörten auch soziale Medien oder Einrichtungen wie „Wikipedia“. Die Autorin des Beitrages nimmt zusätzlich Stellung. Sie habe sich mit dem 2009 erschienenen Buch von Inge und Wolfgang Kirchmeier „Sind im Engelwerk die Teufel los? Ein Tatsachenbericht“ beschäftigt. Auf die Lektüre des Buches gehe auch die persönliche Einschätzung zurück, dass Kirchmeier als „Verschwörungstheoretiker“ gelten könne. Auch wegen der angeblich falsch dargestellten Fakten verweist die Autorin auf Passagen des Buches.

Der Beschwerdeausschuss erkennt keinen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex. Die Beschwerde ist unbegründet. Die Redaktion kann die kritisierten Behauptungen über den Beschwerdeführer mit Passagen aus seinem Buch belegen. Der Vorwurf, die Aussagen seien erfunden, ist aus Sicht des Gremiums nicht haltbar. Die Bezeichnung „Verschwörungstheoretiker“ hält der Ausschuss für eine zulässige Schlussfolgerung der Redaktion. Sie ist auf Basis des Buches des Beschwerdeführers entstanden. Die Redaktion macht die Quelle für den Leser deutlich. Diesem Werturteil muss man sich nicht anschließen, doch ist es vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.