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Ermordete sind keine Personen der Zeitgeschichte

Zeitung berichtet identifizierend über die Terror-Opfer von Paris

Die Opfer der Terroranschläge von Paris sind Thema in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Die Überschrift lautet: „Die Geschichten der Opfer – Deutscher Architekt unter den Toten“. Im Mittelpunkt des Artikels steht ein junger deutscher Architekt, der bei den Anschlägen ums Leben kam. Sein Foto ist in einen Text eingefügt, in dem die Redaktion über seinen beruflichen Werdegang und seine Tätigkeit in Paris berichtet. Auch andere Anschlagsopfer werden mit ihren privaten und beruflichen Hintergründen sowie jeweils einem Foto präsentiert. Mehrere Beschwerdeführer kritisieren die Berichterstattung. Sie halten den Abdruck der Opfer-Fotos für presseethisch nicht vertretbar. Auch die Namensnennung sei nicht zulässig. Schließlich enthalte der Artikel auch Mutmaßungen über das deutsche Opfer. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält dagegen, die von der Redaktion vorgenommene Abwägung mit den Interessen des Betroffenen gehe in diesem Fall zugunsten des öffentlichen Interesses und des Informationsinteresses der Leser aus. Bei den Terroranschlägen von Paris am 13. November 2015 handele es sich unbestritten um eines der bedeutsamsten Ereignisse der Zeitgeschichte seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Es sei nicht nur das verfassungsmäßige Recht der Presse, über solche Ereignisse detailliert zu berichten, sondern vielmehr ihre Pflicht, wie sie auch in Richtlinie 8.1, Absatz 1, des Pressekodex zum Ausdruck komme. Im vorliegenden Fall sei insbesondere illustriert worden, dass Menschen in einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft ermordet worden seien, als und weil sie an einer kulturellen Veranstaltung teilgenommen haben. Dies sei auch die Intention der Terroristen gewesen. Es sei davon auszugehen, dass sich die terroristische Gewalt auch aus antisemitischen Gründen gegen das Bataclan-Theater und die Fans der am Tatabend spielenden Band „Eagles of Death Metal“ gerichtet habe. Auch der im Pressekodex definierte Opferschutz sei von der Redaktion berücksichtigt und eingehalten worden. Die abgedruckten Fotos verstießen auch nicht gegen Ziffer 11 des Pressekodex (Sensationsberichterstattung). Sie seien nicht sensationell und zeigten die Betroffenen auch nicht in einer unangemessenen Situation.