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Pressedienst

Der Chefredakteur dreier Zeitschriften für Wintersportler bittet einen Touristikverband, die Lieferung seines Pressedienstes einzustellen. Fast ein halbes Jahrzehnt sei ins Land gegangen, ohne dass der Verband in den Medien seines Verlags eine Anzeige geschaltet habe. Der Brief schließt mit der Mitteilung: “Zukünftig planen wir unsere Leserreisen und Gebietsvorstellungen ausschließlich nur noch in Zusammenarbeit mit unseren regelmäßigen Werbepartnern.” Eine Werbeagentur, die den betroffenen Touristikverband zu ihren Kunden zählt, beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie sieht in der Aufforderung der Chefredaktion, von der Zusendung von Informationen künftig abzusehen, eine gewisse Erpressung und eine versteckte Anschwärzung. Dieser Vorgang zeige, dass bei diesen Zeitschriften die journalistische Berichterstattung von Anzeigenbuchungen abhänge. Der Chefredakteur erklärt dem Presserat, dass die realen Bruttoeinnahmen aus Anzeigen bei den Printmedien des Wintersports seit 1990 um mehr als 80 Prozent zurückgegangen seien. Zugleich kritisiert er die Werbestrategien von Agenturen, die dazu führten, dass Anzeigen auf dem Weg kostspielig produzierter Werbeclips für private TV- und Rundfunkanstalten bzw. durch Lithos für Großverlage mit hohen Reichweiten geschaltet und die Spezialmagazine lediglich mit Pressediensten beliefert würden. Im Falle der beschwerdeführenden Agentur sei er zu der Erkenntnis gelangt, dass seine Zeitschriften offenbar nicht mehr zur Zielgruppe dieses einstigen Auftraggebers von Anzeigen gehörten. Notfalls müsse er sich mit unpopulären Mitteln jener Firmen, Organisationen oder Agenturen entledigen, die ihn bewusst oder unbewusst vorrangig nur als Mittel zu ihrem Zweck ge- oder missbrauchen wollten. (1995)