Namensnennung bei Ermittlungsverfahren
Realschullehrer unter dem Verdacht sexuellen Missbrauchs
Eine Lokalzeitung berichtet über ein Ermittlungsverfahren gegen einen Realschullehrer, der verdächtigt wird, in den Jahren 1996 bis 1999 seine minderjährige Tochter in mehr als hundert Fällen sexuell missbraucht zu haben. Die Zeitung nennt den Vornamen des Betroffenen, den ersten Buchstaben seines Nachnamens, Alter, Beruf und Wohnort. Der Betroffene meldet sich über seinen Anwalt beim Deutschen Presserat. Durch die nahezu vollständige Namensnennung werde er vorverurteilt. Nach Ansicht des Anwalts werde in derartigen Fällen sonst lediglich darauf verwiesen, dass es sich um Personen im Landkreis handele, ohne dass man deutlichere Hinweise auf Betroffene gebe. Ein Anwalt der Zeitung weist den Vorwurf zurück. Eine Vorverurteilung des Beschwerdeführers durch nahezu vollständige Namensnennung sei nicht erfolgt. Die Zeitung habe Vorname und Anfangsbuchstabe des Nachnamens einer Pressemitteilung der zuständigen Staatsanwaltschaft über das Ermittlungsverfahren entnommen. Die Berichterstattung selbst sei objektiv. Es werde lediglich über die objektiv zutreffende Tatsache des Bestehens eines Ermittlungsverfahrens, des den Ermittlungen zu Grunde liegenden Verdachts und der Aussetzung des Haftbefehls gegen Auflagen berichtet. Es werde nicht behauptet, dass die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Straftaten bereits erwiesen seien oder als erwiesen betrachtet würden. Diese Information habe auch im Interesse der Leser veröffentlicht werden müssen, da es sich um ganz besonders schwerwiegende Straftaten gehandelt habe, an deren Aufklärung die Öffentlichkeit ein besonderes Interesse haben müsse. Darüber hinaus habe sich der Betroffene umfangreich in der Kommunalpolitik seiner Gemeinde engagiert und dabei hohe moralische Grundsätze für sich in Anspruch genommen. Schließlich hätten auch Spekulationen über die Person des Beschuldigten im Interesse Dritter vermieden werden müssen. (2002)