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Anonymisierung reicht aus

Sozialhilfeempfänger wehrt sich gegen Darstellung seiner Person

Eine Tageszeitung berichtet über einen Politikwissenschaftler, der vor dem Verwaltungsgericht gegen die umfangreiche Videoüberwachung im Sozialamt klagt. Im fraglichen Bezirk der deutschen Millionenstadt leben 40 000 Sozialhilfeempfänger. Sie alle haben regelmäßigen Kontakt mit dem Sozialamt, dessen Bedienstete durch die Videoanlagen gegen häufige Gewalt geschützt werden sollen. Die Zeitung hat mit dem betroffenen Sozialhilfeempfänger gesprochen und ist von diesem darauf hingewiesen worden, dass er anonym bleiben wolle. Sie entspricht diesem Wunsch und ändert den Namen, charakterisiert ihren Gesprächspartner aber als „50jährigen Bürger der Stadt“, als „Politikwissenschaftler, derzeit von Sozialhilfe lebend“, „als staatstragenden Linken mit Hornbrille und Dreitagebart“. Durch diese Beschreibung sieht der Mann seine Anonymität beschädigt. Er werde, so schreibt er an den Deutschen Presserat, von Freunden und Bekannten auf den Artikel und seine Klage gegen die Kameras angesprochen. Der Chefredakteur der Zeitung ist der Meinung, der Betroffene sei in dem Gespräch mit dem Autor darauf hingewiesen worden, dass man auch seine Persönlichkeit darstellen wolle, um sein Engagement verständlich würdigen zu können. Er räumt aber ein, dass das engere private Umfeld des Beschwerdeführers auf dessen Person habe schließen können. Dies sei jedoch nicht die Absicht bei der Berichterstattung gewesen. (2001)