Vorverurteilung
Eine Journalistin beschwert sich beim Deutschen Presserat über drei Zeitungen, die sich mit ihrer Person beschäftigen. Unter der Überschrift »TV-Reporterin betrog Sozialamt um 55.000 DM« berichtet eine Tageszeitung über ein schwebendes Verfahren gegen die Beschwerdeführerin. Ein Boulevardblatt fragt in seiner Überschrift nach einem möglichen Sozialhilfe-Betrug. Wörtlich heißt es im Text: »Während sie dicke Honorare für ihre Reportagen bekam, rund 172.000 Mark, soll... vom Sozialamt unberechtigt zusätzliche 55.000 Mark bezogen haben. « Auch eine Abendzeitung schildert den Fall und fragt in der Schlagzeile »Hat sie das Sozialamt betrogen?«. Die Betroffene sieht sich durch die »sehr aufreißerische« Berichterstattung vorverurteilt. Die Redakteure hätten zu keiner Zeit mit ihr gesprochen. Durch Detailangaben werde ihre Person unverwechselbar preisgegeben. Alle drei Zeitungen weisen diese Vorwürfe zurück. Die Abendzeitung erklärt, sie habe auch berichtet, was die Journalistin zu ihrer Verteidigung vorgetragen habe. Einen Irrtum räumt die Redaktion ein. Die Dauer der Untersuchungshaft sei kürzer gewesen als in dem Bericht angegeben. (1993)