Persönlichkeitsrecht grundsätzlich berührt
Zeitung zeigt Foto eines verletzten Bundeswehrsoldaten
Unter der Überschrift „TV-Reporter filmten das Sterben unserer Soldaten!“ berichtet eine Boulevardzeitung über ein Attentat im nordafghanischen Kunduz, bei dem auch Bundeswehrsoldaten zu Tode kamen. Dem Bericht beigefügt ist ein großformatiges Foto, das einen verletzten Bundeswehrangehörigen zeigt. Ein Leser der Zeitung sieht Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) verletzt. Die Redaktion hätte, wie in anderen Printmedien geschehen, den Verletzten unkenntlich machen können. Der Beschwerdeführer, der den Deutschen Presserat anruft, will auch geprüft wissen, ob es sich in diesem Fall um eine unangemessene Darstellung von Leid nach Ziffer 11 des Pressekodex handelt. Die Chefredaktion der Zeitung bestreitet nicht, dass das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten grundsätzlich berührt sei. Man respektiere seine Situation und die Gefühle seiner Angehörigen. Man sei aber der festen Überzeugung, dass die Abwägung zwischen diesen unstreitig berechtigten privaten Interesse und dem öffentlichen Interesse an der Berichterstattung zugunsten der Veröffentlichung ausgehen musste. Das schließe die Art und Weise der Darstellung im konkreten Fall ein. Diese überschreite, so der Chefredakteur weiter, nicht die Grenze ethischen Verhaltens. Vor dem Hintergrund einer heftigen politischen Debatte über die Stationierung deutscher Soldaten in Afghanistan und ständig neuer Terroranschläge in diesem Gebiet erstrecke sich das zeitgeschichtliche Interesse vor allem auf die ganz konkreten Menschen, die in diesem Kontext zu Opfern werden. Ohne eine Personalisierung der Ereignisse würde die Presse dazu beitragen, dass Ereignisse wie diese in der politischen Diskussion nicht die Berücksichtigung fänden, die ihnen zustehe. Die Opfer würden womöglich auf anonyme Zahlen in der Statistik reduziert. Den Vorwurf einer Verletzung der Ziffer 11 des Pressekodex weist der Chefredakteur zurück. Die Berichterstattung geht in diesem Punkt nicht über das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinaus. Die erforderliche Abwägung gegen die Interessen der Opfer sei nicht missachtet worden. Berichterstattung müssten auch Ereignisse von Krieg und Terror aufgreifen; sie dürften nicht verschleiern oder verharmlosen. (2007)