Heranwachsenden Täter im Bild gezeigt
Resozialisierung eines Täters hängt nicht von Prominenz des Opfers ab
Unter der Überschrift „Bohlens Räuber lieben Kinderschokolade“ berichtet eine Boulevardzeitung über die beiden Personen, die gestanden haben, den Raubüberfall auf Bohlens Haus verübt zu haben. Einer der beiden, ein 17-jähriger aus dem Ruhrgebiet, wird mit einem Porträtfoto dargestellt. Ein Leser ruft den Deutschen Presserat an, weil er in der Veröffentlichung des Fotos einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrecht) sieht. Es bestehe kein ausreichendes öffentliches Interesse daran, den jugendlichen Täter auf der Titelseite und im Innenteil des Blattes groß und erkennbar darzustellen. Der Verlag hält die Veröffentlichung des Fotos für publizistisch veranlasst und gerechtfertigt. Richtlinie 8.1 des Pressekodex enthält kein absolutes Verbot für eine identifizierende Berichterstattung über Straftaten, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren. Vielmehr sei auch hier jeweils zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten einerseits und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit andererseits abzuwägen. Auch unter Berücksichtigung eines besonderen Maßstabs für Kinder und Jugendliche sei die kritisierte Veröffentlichung gerechtfertigt. Der Verlag führt in diesem Zusammenhang die besondere Gewaltbereitschaft an, die die beiden Täter an den Tag gelegt hätten. Damit seien die geständigen Täter zu Personen der Zeitgeschichte geworden. Bei dem Tatvorwurf gehe es um eine „schwere Straftat“, wenn nicht sogar um ein „schweres Verbrechen“. Den Tätern habe auch klar sein müssen, dass ihr Überfall auf den prominenten Dieter Bohlen eine besondere öffentliche Wirkung entfalten würde. Das wiederum habe zwangsläufig zur Folge gehabt, dass auch sie im Fall einer Festnahme und anschließender Anklage einem besonderen Informationsinteresse ausgesetzt sein würden. (2007)