Nur die Überschrift kritisiert
Zeitung titelt „Christian Klar – RAF Mörder spaziert durch Berlin"
„Christian Klar – RAF Mörder spaziert durch Berlin" und „Christian Klar in Berlin – RAF Mörder schmeißt seinen Job hin" – unter diesen Überschriften berichtet eine Boulevardzeitung auf der Titelseite und im Innenteil über den einstigen Terroristen. Die Zeitung veröffentlicht zugleich ein Bild, das aufgenommen wurde, als Klar das Berliner Ensemble verließ. Dessen Intendant hatte ihm ein Praktikum als Bühnentechniker angeboten. Zu dem Vorgang erhält der Presserat drei Beschwerden. In einer wird der Zeitung eine Verletzung der Menschenwürde Christian Klars vorgeworfen. Die Berichterstattung gleiche einem Aufruf zur Selbstjustiz. Auch der zweite Beschwerdeführer sieht die Menschenwürde Klars, sein Persönlichkeitsrecht und seine Ehre verletzt. Seine Resozialisierung werde erschwert. Klar sei auch kein „RAF-Terrorist", sondern ein „ehemaliger RAF-Terrorist". Ein weiterer Beschwerdeführer sieht in der Berichterstattung einen Aufruf zur Menschenjagd und einen Verstoß gegen das Resozialisierungsgebot. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Vorwürfe für ungerechtfertigt. Christian Klar selbst ziehe durch eigene aktuelle Handlungen nicht nur das allgemeine öffentliche Interesse auf sich, sondern sorge auch dafür, dass das zeitgeschichtliche Interesse an seinen früheren Straftaten nach Verbüßen seiner Strafe weiterhin bestehen bleibe. Insofern greife bei der Berichterstattung der letzte Halbsatz der Richtlinie 8.3 des Pressekodex, in der es heiße „…ein neues Ereignis schafft einen direkten Bezug zu dem früheren Vorgang". Dies sei zum Zeitpunkt der Berichterstattung mehrfach der Fall gewesen. Klar habe sich selbst in die Öffentlichkeit gebracht, als er sich um einen Praktikumsplatz beim Theater beworben habe. Er habe wissen müssen, dass dieses Praktikum niemals seine Privatsache sein werde. In diesem Kontext sei er nicht nur eine relative Person der Zeitgeschichte. Mit seiner Bewerbung habe Klar die öffentliche Aufmerksamkeit wissentlich und willentlich in Kauf genommen. Die Fotos zeigten Klar vor dem Theater, nachdem er gerade sein Praktikum abgesagt habe. So seien die Bilder nicht in einer beliebigen Alltagssituation entstanden, sondern gerade im Umfeld der angebotenen Praktikumsstelle. Über aktuelle Vorgänge dieses zeitgeschichtlichen Ausmaßes müsse eine Zeitung berichten dürfen, wenn die Beteiligten selbst mitwirkten. (2009)