Entscheidungen finden

Behauptungen als Tatsachen dargestellt

Laut Zeitung hat die Polizei einen jungen Mann bewusstlos geprügelt

Eine überregionale Zeitung schildert einen Polizeieinsatz und berichtet Einzelheiten aus einem dabei gedrehten Videofilm. Der Beitrag ist mit Fotos aus dem Film illustriert. Darin heißt es: „Hier ist zu sehen, wie der von der Polizei zur Bewusstlosigkeit verprügelte Florian S. aus dem Rettungswagen geholt und dann zur Davidwache in St. Pauli transportiert wurde. Dabei hätte er nach der brutalen Behandlung durch die Beamten dringend ärztliche Hilfe nötig gehabt“. Im weiteren Verlauf wird die Ohnmacht von Florian S. geschildert: „Florian versuchte sich zu entfernen, da griff ein Uniformierter an und versetzte ihm einen Faustschlag ins Gesicht“. In dem Artikel wird ein Polizeisprecher zitiert, der den Einsatz aus Sicht der Beamten schildert. Einen Tag später berichtet die Zeitung unter der Überschrift „Empörung über Polizeiübergriffe“ von einer Pressekonferenz, bei der der Film gezeigt wurde. Dabei wurde Florian S. vorgeworfen, simuliert zu haben. Andere Sprecher verlangten ein Ermittlungsverfahren gegen die Polizeibeamten. Dass ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet wurde, bestätigt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Der Beschwerdeführer, Sprecher der Polizei und selbst Betroffener in diesem Fall, sieht einen Verstoß gegen Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). In dem Artikel würde eine Reihe von Behauptungen als Tatsachen dargestellt, ohne dass diese als solche erkennbar seien. Der Ermittlungsstand der Polizei sei anders. Florian S. sei von Polizeibeamten weder verprügelt noch angegriffen worden. Vielmehr habe dieser Polizeibeamte angegriffen, als sie seine Personalien feststellen wollten. Ein Ermittlungsverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sei daraufhin gegen den 21-Jährigen eingeleitet worden. Die Schilderung der Vorgänge im Rettungswagen sei falsch. Nachdem der scheinbar bewusstlose junge Mann in den Wagen gebracht worden sei, habe er plötzlich versucht, zu fliehen. Die Polizisten hätten dies verhindert. Florian S. sei wiederum scheinbar bewusstlos geworden. Die Polizei habe einen Rettungswagen gerufen, der den Mann ins Krankenhaus gebracht habe. Der Beschwerdeführer wirft der Redaktion vor, sie habe schon einen Tag vor der Berichterstattung gewusst, dass die Notärztin erhebliche Zweifel am Zustand von Florian S. gehabt habe. Zitat: „Der war nie bewusstlos“. Abschließend informiert der Beschwerdeführer über eine gegen die Zeitung erwirkte Gegendarstellung. Die Chefredaktion der Zeitung hat diese Gegendarstellung unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt veröffentlicht. Zum Vorwurf, die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt zu haben, teilt sie mit, der Autor der Beiträge habe einen entsprechenden Videofilm ausgewertet. Sie hält die Berichterstattung für korrekt. Sie informiert darüber, dass der Videofilm inzwischen der Generalstaatsanwaltschaft übergeben worden sei, die im Fall von Florian S. ein Ermittlungsverfahren gegen Polizisten wegen des Verdachts der Körperverletzung eingeleitet habe. (2008)