Inhaltlich richtig – handwerklich falsch
Begriff der Vergewaltigung war eine unzulässige Tatsachenbehauptung
Die Verleihung eines Preises für Zivilcourage ist Thema in einer Regionalzeitung. Unter anderem heißt es in dem Bericht, eine Frau sei dafür geehrt worden, “dass sie eine Vergewaltigung verhindert” habe. Da sich die Zeitung nach eigener Mitteilung auf eine Nachrichtenagentur als Quelle für den Artikel bezieht, eröffnet der Deutsche Presserat ein Verfahren gegen die Agentur. Die Rechtsvertretung des Mannes, gegen den der Vorwurf der versuchten Vergewaltigung im Raum steht, hatte in ihrer Beschwerde gegen die Zeitung angeführt, dass von einem Vergewaltigungsversuch nicht einmal die Staatsanwaltschaft ausgehe. Es gebe den Vorwurf der sexuellen Nötigung. Die Behauptung der Zeitung sei daher falsch. Außerdem könne ihr Mandant identifiziert werden. In einer Pressemitteilung des Landesinnenministeriums ist davon die Rede, dass die Frau von schlimmeren Misshandlungen verschont geblieben sei. Der Begriff “Vergewaltigung” habe dabei nie eine Rolle gespielt. Der Anwalt ruft den Deutschen Presserat an. Die Chefredaktion der Agentur teilt mit, dass in der entsprechenden Meldung inhaltlich richtig, aber handwerklich falsch berichtet worden sei. Die Meldung fuße auf Aussagen der Frau, die für ihre Zivilcourage ausgezeichnet wurde. Nach deren Aussage sei das Tatopfer mit nacktem Oberkörper vor dem Tatverdächtigen geflohen. Die Frau habe die Vermutung geäußert, dass sie eine Vergewaltigung verhindert habe. Diese Einschätzung sei auch während der Veranstaltung von anderen Rednern geäußert worden. Die Agenturmitarbeiterin habe diese Äußerungen nicht als Zitat kenntlich gemacht, sondern so präsentiert, als sei es eine Behauptung der Agentur. (2005)