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Zeitung stellt Ehedrama einseitig dar

Die Position des unparteiischen Berichterstatters verlassen

Unter der Überschrift „Ehe-Martyrium mit Gewalt landete vor Gericht“ berichtet eine Regionalzeitung über eine Gerichtsverhandlung. Ein prügelnder Ehemann wurde wegen vorsätzlicher und gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Die Ehefrau wendet sich an den Deutschen Presserat, weil die Zeitung nach ihrer Ansicht einseitig zugunsten des Mannes berichtet hat. Der wird mit den Worten zitiert: „Ich bin froh, dass es vorbei ist“. Bezeichnend sei auch der erste Satz des Beitrags: „Ihre Ehe war wohl ein Martyrium für beide“. Der Artikel mache das Opfer zur Täterin und den Täter zum Opfer. Ein weiterer Vorwurf an die Autorin: „Sie zitiert die frei erfundenen und leicht widerlegbaren Märchen des Angeklagten im Indikativ, und meine Aussagen zweifelt sie im Konjunktiv an“. Vor allem werde der bewusst gegen sie – die Frau – ausgeführte Mordanschlag im Konjunktiv absolut verniedlicht. Nicht zitiert werde ihre wiederholte Aussage, dass der Mann sie absichtlich die Kellertreppe hinuntergestoßen habe. In dem Beitrag heiße es lediglich: „Er soll sie geschubst haben“. Darüber hinaus enthalte der Beitrag nach Ansicht der Beschwerdeführerin sachliche Fehler hinsichtlich des Urteils. Die Zeitung habe von zwei Jahren Strafe berichtet. Verhängt worden sei jedoch nur ein Jahr mit Bewährung. Die Chefredaktion der Zeitung stellt fest, dass eindeutige Fehler im Bericht nicht zu erkennen seien. Der Bericht fuße ausschließlich auf der Gerichtsverhandlung und den dort gemachten Aussagen. Der Beschwerdeführerin sei es weniger darum gegangen, das falsch dargestellte Urteil zu berichtigen, als vielmehr darum, die Gerichtsverhandlung in der Zeitung in ihrem Sinne neu aufzurollen. Die Chefredaktion erkennt jedoch an, dass die Wiedergabe des Urteils nicht korrekt war. (2007)