Glaube des Moderators für Verständnis relevant
Fernsehsender spricht von „unterschwelligem Antisemitismus“
In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erscheint ein Artikel unter der Überschrift „Wulff bedauert seine Wortwahl“. Der niedersächsische Ministerpräsident hatte die Kritik an deutschen Managern als „Progromstimmung“ bezeichnet. Davon distanzierte er sich zunächst auch nicht in einer Sendung auf N24, die von Michel Friedman moderiert wurde. Erst Stunden später holte er dies nach. In dem Artikel heißt es: „In der von Michel Friedman, einem Juden, moderierten Talkshow auf N24 hatte sich Wulff trotz entsprechender Nachfragen nicht von seiner Wortwahl distanziert.“ Der Zentralrat der Juden in Deutschland (BK1-310/08) hält das für eine unhaltbare Berichterstattung. Ein Zusammenhang zwischen der Religionszugehörigkeit und der Arbeit des Moderators sei nicht ersichtlich. Eine derartige Formulierung sei bei einem katholischen oder evangelischen Moderator kaum denkbar. Die Berichterstattung erzeuge antisemitische Reflexe bei den Lesern und sei inakzeptabel. Zwei Beschwerdeführer vom Sender N24 (BK1-311/08) sind der Ansicht, die Tatsache, dass der Moderator jüdischen Glaubens ist, sei für die Berichterstattung ohne Belang. Man könne nicht nachvollziehen, welche Rolle die Religionszugehörigkeit bei der journalistischen Arbeit spielen soll. Es handele sich um „unterschwelligen Antisemitismus“. Der Moderator werde durch den Artikel angeprangert und diskriminiert. Das vom Redakteur gegenüber den Beschwerdeführern zum Ausdruck gebrachte Bedauern wird von diesen als nicht ausreichend erachtet. Die Rechtsabteilung der Zeitung verweist zum Hintergrund der Berichterstattung auf die von Hans-Werner Sinn vom Institut für Wirtschaftsforschung gemachte Äußerung in einem Zeitungsinterview. Darin hatte dieser gesagt: „In jeder Krise wird nach Schuldigen gesucht, nach Sündenböcken. Auch in der Weltwirtschaftskrise von 1929 wollte niemand an einen anonymen Systemfehler glauben. Damals hat es in Deutschland die Juden getroffen, heute sind es die Manager.“ Die Zeitung habe es für ihre Pflicht gehalten, über Wulffs „gefährlichen Vergleich“ zu berichten. Christian Wulff habe seinen Vergleich gegenüber einem Menschen gezogen, dessen Vorfahren wegen des Umstandes, dass sie Juden waren, selbst Zeugen und Leidtragende von Progromen gewesen seien. Der juristische Vertreter des Blattes räumt jedoch ein, dass die Formulierung „unglücklich gewählt sei“. Er verwahrt sich jedoch entschieden gegen den Vorwurf, die Formulierung sei ausgrenzend und ziele auf antisemitische Reflexe der Leser. (2008)