Untersuchungshäftling als „Fettwanst“ bezeichnet
Körperliche Eigenschaften ohne Zusammenhang mit der Tat
„Fettwanst jammert in der U-Haft-Zelle“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung über ein Ehepaar, dessen drei Monate altes Baby verhungert ist, da die Eltern dem Kind offenbar nichts zu essen gegeben haben. Der Vater, der in Untersuchungshaft sitzt, wird mit dem Kind auf einem Foto abgebildet und als „Fettwanst“ tituliert. Ein Nutzer der Online-Ausgabe vertritt die Auffassung, dass die Bezeichnung „Fettwanst“ die Menschenwürde des Mannes verletzt. Gleichzeitig liege eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Mannes vor, da er auf dem Foto nicht unkenntlich gemacht worden und damit identifizierbar sei. Die Abteilung Verlagsrecht der Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass der Begriff „Fettwanst“ nicht gegen presseethische Grundsätze verstoße. Der beleibte Täter, der die Tat gestanden habe, habe sein Kind verhungern lassen. Skurril und erschreckend an der Tat sei es, dass aufgrund der Körpermasse des Vaters darauf zu schließen sei, dass es in der Familie nicht an Lebensmitteln gemangelt habe. Hauptintention der Schlagzeile sei es gewesen, den Lesern eben diesen Widerspruch mitzuteilen. Auch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts sei nicht erkennbar, da die Bildveröffentlichung ohne Verfremdung bei einem volljährigen Straftäter, der die Tat gestanden habe, je nach Abwägungsergebnis zulässig sei. Allerdings habe man das Bild des Betreffenden bereits vor geraumer Zeit aus dem Netz genommen. (2009)