Drohung mit Amoklauf war nicht ernst gemeint
14-jährigen Jungen für die Öffentlichkeit identifizierbar dargestellt
Eine in einer Großstadt erscheinende Tageszeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe über die Amokdrohung eines Jugendlichen. Der soll in einem Internet-Chatroom gesagt haben, dass er die Lehrer an seiner Schule töten wolle. Als die Polizei erfahren habe, dass die Eltern von Jonas T. ein traditionsreiches Waffengeschäft in der Stadt betrieben, sei sie mit einem Durchsuchungsbefehl im Privathaus der Familie angerückt. Bei der Durchsuchung habe sich herausgestellt, dass die Drohung des Jungen nicht ernst gemeint war. Die Beschwerdeführerin und Mutter des Jungen, sieht Ziffer 8, Richtlinie 8.1, des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) verletzt. Es gebe in der von der Zeitung beschriebenen Gegend nur ein bundesweit bekanntes Waffengeschäft und das sei das Ihre. Auch die Abkürzung Jonas T. reiche nicht aus, ihren Sohn zu anonymisieren. Der richtige Wohnort werde ebenfalls genannt. Durch Nennung dieser Einzelheiten sei ihr Sohn identifizierbar. Die Amok-Drohung, über die die Zeitung berichtet habe, sei in Wirklichkeit ein dummer „Talk“ zwischen zwei 14-Jährigen gewesen. Die Staatsanwaltschaft habe das Verfahren eingestellt. Die Beschwerdeführerin sieht ihren Sohn an einen „Medien-Pranger“ gestellt. Er habe seine Freunde an der Schule verloren; Eltern würden ihre Kinder nicht mehr zum Unterricht schicken. Bis heute habe sich niemand bei der Familie für die Berichterstattung entschuldigt. Im Gegensatz zur Mutter spricht der Redaktionsdirektor der Zeitung von der Androhung eines Schulmassakers. Nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch die Polizei sei bei jeder Meldung über Attentatsverabredungen im Internet in höchstem Maße alarmiert. Wenn sich dann auch noch herausstelle, dass die Familie eines Jungen, der einen Amoklauf ankündige, ein Waffengeschäft besitze, müsse jedem klar sein, dass möglicherweise Lebensgefahr für viele Menschen bestehe. Die Chefredaktion verwahrt sich gegen den Vorwurf einer sensationellen Berichterstattung. Die Redaktion habe nicht falsch berichtet. Insoweit gebe es auch keinen Grund für eine Entschuldigung. Dessen ungeachtet respektiere die Redaktion alle Belange des Jugendschutzes und werde deshalb alle Hinweise entfernen, die zu einer Identifizierung des Jungen führen könnten. Den gesamten Artikel werde man jedoch nicht aus dem Netz entfernen, auch nicht den Hinweis auf das Waffengeschäft. Vor allem durch diese Präzisierung sei die Polizei so alarmiert gewesen. (2009)